Beschlussempfehlung:
Der Kreistag bestätigt den Beschluss KA/20141119/Ö10 des Kreisausschusses vom 19.11.2014 über die nachstehende Rechtsverordnung.
R e c h t s v e r o r
d n u n g
zur Änderung der Rechtsverordnung über die Festsetzung von Beförderungsentgelten und Beförderungsbedingungen im Gelegenheitsverkehr mit Taxen für den Rhein-Kreis Neuss vom 08.12.2010:
Aufgrund des § 51 Abs. 1 und 2 Personenbeförderungsgesetzes
vom 21.03.1961 (BGB1. I
S. 241) in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung vom 08.08.1990 (BGB1.
I
S. 1690), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 147 des Gesetzes vom 07.08.2013
(BGBl. I S. 3154) hat der Kreisausschuss des Rhein-Kreises Neuss im Wege der
Dringlichkeit gemäß § 50 Abs. 3 der Kreisordnung am 19.11.2014 folgende
Rechtsverordnung über die Festsetzung von Beförderungsentgelten und
Beförderungsbedingungen im Gelegenheitsverkehr mit Taxen für den Rhein-Kreis
Neuss beschlossen:
Artikel 1
Die Rechtsverordnung über die Festsetzung von Beförderungsentgelten und Beförderungsbedingungen im Gelegenheitsverkehr mit Taxen für den Rhein-Kreis Neuss vom 20.07.1977, zuletzt geändert durch eine Rechtsverordnung vom 08.12.2010 wird wie folgt geändert:
1. § 4 Abs. 1 soll folgende Fassung erhalten:
(1) Unabhängig von der Anzahl der beförderten Personen sind zu berechnen:
a.) 2,75
€ Grundentgelt einschließlich 53,76 m Wegstrecke in der Zeit von 6.00-22.00 Uhr
3,00 € Grundentgelt einschließlich 50,00 m Wegstrecke in der Zeit von
22.00-6.00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen
b.) 0,10 € Wegstreckenentgelt für jede weiteren 53,76 m in der Zeit von 6.00-22.00 Uhr
0,10 € Wegstreckenentgelt für
jede weiteren 50,00 m in der Zeit von 22.00-6.00 Uhr
sowie an Sonn- und Feiertagen
c.) 0,10 € Warteentgelt je 18,95 Sekunden von der ersten bis zur fünften Minute
d.) 0,10 € Warteentgelt je 9,17 Sekunden ab der sechsten Minute
e.) 6,10 € Zuschlag für die Beförderung von mehr als vier Fahrgästen mit einem Großraumtaxi oder für die konkrete Anforderungen eines Großraumtaxis.
f.) Der Tarif für die Wartezeiten findet als Mindesttarif auch bei langsamer Fahrt Anwendung.
2. § 5 Abs. 3 erhält folgenden Inhalt:
Versagt der Fahrpreisanzeiger, so beträgt der Fahrpreis ja angefangenen Besetzkilometer
- in der Zeit von 6.00-22.00 Uhr 1,86 €
- in der Zeit von 22.00-6.00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen 2,00 €
Artikel 2
Diese Rechtsverordnung tritt am 01.01.2015 in Kraft.
Sachverhalt:
Zuständigkeit:
Der Verkehr mit Taxen ist nach § 8 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) Teil des Öffentlichen Personennahverkehrs. Die Beförderungsentgelte im Gelegenheitsverkehr mit Taxen werden nach § 51 PBefG durch Rechtsverordnung festgesetzt. Zuständig dafür sind die Kreise und kreisfreien Städte. Bei der Festsetzung der Tarife ist zu überprüfen, ob diese unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Lage der Unternehmen, einer ausreichenden Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals und der notwendigen technischen Entwicklung angemessen sind und mit den öffentlichen Verkehrsinteressen im Einklang stehen.
Vor einer Entscheidung über Änderungen sind die Gemeinden, die Industrie- und Handelskammer (IHK), die Fachgewerkschaften und die Verkehrsbände zu hören.
Die derzeit geltenden Beförderungsentgelte sind am 01.01.2011 in Kraft getreten.
Verfahren:
Am 12.08.2014 beantragte die Funk-Taxi-Zentrale Neuss I.G. die in der Sitzungsvorlage für den Nahverkehrs- und Straßenbauausschuss vom 29.10.2014 vorgelegten Änderungen der bestehenden Taxitarife. In der Diskussion im Fachausschuss wurde deutlich, dass eine Erhöhung der Taxitarife für erforderlich gehalten wird, die vorgesehene Erhöhung um rund 20 % jedoch hinterfragt wurde.
Der Nahverkehrs- und Straßenbauausschuss verwies daher die Vorlage an den Kreisausschuss und bat die Verwaltung, die Höhe des vorgesehenen neuen Tarifes eingehender zu begründen.
Die Verwaltung hat hierzu erneut Kontakt mit der IHK Mittlerer Niederrhein und der Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein Taxi-Mietwagen e.V. aufgenommen.
Die IHK bestätigt die Notwendigkeit der Tariferhöhung auch in der vorgesehenen Höhe und verweist hierbei darauf, dass durch die Einführung des Mindestlohnes ab 2015 die Personalkosten um bis zu 2,50 € pro Stunde steigen werden und diese Steigerung mit den ebenfalls steigenden Lohnnebenkosten eine Erhöhung von bis zu 45 % ausmacht.
Gutachten IHK Mittlerer Niederrhein:
Anhand einer Musterberechnung der IHK für ein Taxiunternehmen im Kreisgebiet
wurde die Funktionsfähigkeit des Taxigewerbes im Gutachten vom Oktober 2010
beispielhaft berechnet.
Hierfür hat die IHK von fast 70 % der im Rhein-Kreis Neuss konzessionierten
Unternehmen die zur Verfügung gestellten Finanzdaten ausgewertet.
Das Gutachten trifft folgende Aussagen:
Bei einem durchschnittlichen Besetzt-Anteil der Taxen von 45
% wurde ein Jahresumsatz von rund 70.000 € pro Taxe erreicht.
Die Gesamtkosten für den Betrieb der Taxe beliefen sich im gleichen Zeitraum
auf knapp 54.000 €, der Ertrag lag damit
pro Jahr bei gut 16.000 €.
Die Personalkosten betrugen rund 33 % (17.500 €) an den Gesamtkosten, die Fix-Kosten in Höhe von 22.000 € für Anschaffungen, Mieten, Leasing, Zinsen, Versicherungen, Sozialbeiträge, Gebühren etc. waren mit etwa 41 % zu veranschlagen, die variablen Kosten (Betriebsstoffe, Reparaturen, Wartungen etc.) beliefen sich damit auf rund 26 % (14.500 €).
An dieser grundsätzlichen Kostenverteilung hat sich bis heute nichts verändert, die Musterberechung für ein durchschnittliches Taxiunternehmen wurde seitens der IHK fortgeschrieben. Das Gutachten hat die Verwaltung den Geschäftsstellen der Fraktionen zukommen lassen.
Auswirkungen durch den Mindestlohn:
Durch die Einführung des Mindestlohnes steigen allein die
Personalkosten um etwa 7000 € auf 24.500 €. Hinzu kommen Lohnnebenkosten und gestiegene
Sozialabgaben. Damit erhöhen sich die Gesamtkosten auf über 61.000 €, der
Ertrag im Jahr pro Taxe sinkt auf unter 9.000 € bei gleichbleibenden Einnahmen.
Der Anteil der Personalaufwendungen einschl. Lohnnebenkosten wird durch die IHK
mit der Einführung des Mindestlohnes auf rund 40 % beziffert. Eine Kompensation
der gestiegenen Aufwendungen durch Reduzierung der Fix-Kosten kann nicht
erfolgen, da auch die Ausgaben für Neu- und Ersatzbeschaffungen, Mieten,
Altersvorsorgeleistungen und Versicherungen teilweise gestiegen sind.
Auch Bereich der variablen Kosten ist keine günstige Entwicklung zu erkennen,
auch wenn die Kosten für Betriebsstoffe im zurückliegenden Zeitraum sehr
schwankend, aber insgesamt nicht rückläufig ausgefallen sind.
Stellungnahmen:
Nach den Berechnungen des Bundesverbandes
Personenbeförderung Taxi-Mietwagen e.V., der Fachvereinigung Personenverkehr
Nordrhein und der IHK Mittlerer Niederrhein ist zur Kompensation der erhöhten
Kosten eine Erhöhung der Tarife um rund 25% erforderlich.
Werden die Tarife weniger deutlich erhöht bedeutet dies in der Praxis zum einen
eine Verringerung der Ertragslage der Unternehmer, die sich auch auf die
erforderliche Altersvorsorge der Unternehmer auswirkt.
Das von einem vereidigten Sachverständigen der IHK Düsseldorf im Auftrag des
BZP erstellten Gutachtens über die Kostenentwicklung im Taxigewerbe bei
Einführung des Mindestlohnes kommt, ausgehend von der unwahrscheinlichen
Annahme gleichbleibender Beförderungsaufträge und damit des bisherigen Besetzt-Anteils
zu dem Ergebnis, dass eine Anhebung der Tarife aus betriebswirtschaftlicher
Sicht um bis zu 33 % gerechtfertigt ist, um allein den Besitzstand zu wahren.
Feststellungen der Verwaltung:
Ausgehend von der Musterberechung der IHK wird nachstehend ein Überblick auf
die durch die Einführung des Mindestlohnes und die vorgesehene Erhöhung der
Beförderungsentgelte, bei gleichbleibendem Besetzt-Anteil entstehende
Kostenstruktur eines durchschnittlichen Taxiunternehmens vorgelegt:
Pro
Taxe |
Gutachten
IHK 2010 in € |
|
Fortschreibung
ohne Anpassung in € |
|
Fortschreibung
mit Anpassung
in € |
|
Umsatz |
70.000 |
|
70.000 |
|
84.000 |
|
Personalkosten |
17.500 |
33
% |
28.000 |
40
% |
28.000 |
33,3
% |
Fixkosten |
22.000 |
41
% |
23.100 |
33
% |
23.100 |
27,5
% |
Variable
Kosten |
14.500 |
26
% |
14.500 |
21
% |
14.500 |
17,3
% |
Gesamtkosten |
54.000 |
100
% |
65.500 |
100
% |
65.500 |
100
% |
Gewinn |
16.000 |
|
4.500 |
|
18.500 |
|
Der Kalkulation liegen folgende Annahmen zu Grunde:
- Besetzt-Anteil der Taxen bleibt trotz Tariferhöhung unverändert
- Personalkostenanteil laut IHK: durch Mindestlohn plus 7.000 €, plus Personalnebenkosten (Sozialabgaben, Zuschläge etc.) plus 3.500 € p.a.
- Fixkosten Steigerung p. a. um 1 %
-
Keine Veränderung bei den variablen Kosten (z.
B.: Treibstoffe)
Die von der Verwaltung vorgeschlagene Erhöhung liegt mit
rund 20% nicht nur unter der Forderung des Antragstellers, sondern auch
deutlich unter der von IHK, Fachvereinigung Personenverkehr und BZP für
erforderlich gehaltenen Steigerung der Tarife.
Im Übrigen sind die Tarife im Öffentlichen Personennahverkehr des VRR im
gleichen Zeitraum auch um rund 20 % erhöht worden.
Die Verwaltung ist nach Auswertung aller Fakten und Argumente der Auffassung, dass die vorgeschlagene Erhöhung zum einen ausreichend zur Erhaltung der Funktionalität des Taxigewerbes im Rhein-Kreis Neuss ist, zu anderen aber auch erforderlich ist, um die Folgen der Kostensteigerungen aufzufangen und bittet daher den Kreisausschuss der Beschlussempfehlung zu folgen und die Taxitarife wie vorgeschlagen zu erhöhen.
Dringlichkeit:
Da das Landeseichamt nach Veröffentlichung des Tarifes rund 4 Wochen für die Vorbereitung und Durchführung der Eichung an den Taxametern benötigt und die Tariferhöhung zum 01. Januar 2015 zeitgleich mit der Einführung des Mindestlohnes erfolgen soll, hat der Kreisausschuss in seiner Sitzung vom 19.11.2014 den nachfolgenden Beschluss im Wege der Dringlichkeit gefasst. Bei einer Beschlussfassung im Kreistag am 16. Dezember 2014 wäre eine Umstellung zum 01.01.2015 nicht mehr möglich.