Beschlussvorschlag:
Der Sozial- und Gesundheitsausschuss nimmt den Bericht der Verwaltung
zu Kenntnis.
Sachverhalt:
Im Rhein-Kreis Neuss lebten zum Stichtag 30. Juni 2018 insgesamt 9.463
Flüchtlinge.
Dies sind 58 Flüchtlinge weniger als zum 31. März 2018 und 251 mehr als
zum Stichtag 30. Juni 2017 (erstmalige Erhebung der Gesamtzahlen aus dem Ausländerzentralregister)
und 25 mehr als Ende Dezember 2017. Über eine Aufenthalts- oder
Niederlassungserlaubnis verfügen 6.508 Flüchtlinge und damit 70 mehr als vor
drei Monaten (30. Juni 2017: 5.428).
Die Zahl der Flüchtlinge im laufenden Asylverfahren ist auf 1.870
zurückgegangen (30. Juni 2017: 2.750). Hiervon kommen 628 Flüchtlinge aus einem
Land mit hoher Bleibeperspektive (Syrien, Iran, Irak, Eritrea, Somalia). Aus
Afghanistan, bei dem man mittlerweile nicht mehr von einer hohen oder erhöhten
Bleibeperspektive reden kann, kommen 296 Flüchtlinge im laufenden
Asylverfahren.
Aus diesen Herkunftsländern haben insgesamt 747 Menschen im Rhein-Kreis
Neuss einen Aufenthaltstitel aus familiären Gründen. Dieser Wert ist gegenüber
dem 30. Juni 2017 (hier waren es 621 Personen) um 126 Personen gestiegen,
gegenüber dem 31.03.2018 ist aber nur ein Anstieg von einer Person zu
verzeichnen. Der Grund des Familiennachzuges lässt sich in der Statistik nicht
differenzieren. Diese Personengruppe zählt rechtlich auch bei einem Nachzug zu
einem Familienmitglied mit anerkanntem Flüchtlingsstatus nicht als Flüchtling.
Da diese Personengruppe aber hinsichtlich der notwendigen Integrationsmaßnahmen
vergleichbar ist, werden die Zahlen hier mit aufgeführt.
Die Zahl der Flüchtlinge mit einer Aussetzung der Abschiebung liegt bei
1.085 Personen (30. Juni 2017: 1.034). Häufigste Gründe für die Aussetzung der
Abschiebung sind fehlende Passunterlagen sowie die Reiseunfähigkeit aus
gesundheitlichen Gründen.
Eine detaillierte Übersicht über die Flüchtlingszahlen sowie eine
grafische Darstellung der ausgewerteten Quartale zum 30. Juni 2018 liegen als Anlage
1 und Anlage 2 zu TOP 2 bei.
Asylgeschäftsbericht des BAMF:
Bezogen auf das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ergibt eine
Auswertung des Asylgeschäftsberichtes des BAMF zu den Flüchtlingszahlen 13.255
gestellte Erst- und Folgeanträge im Juni 2018 gegenüber 12.622 im März 2018,
14.293 im Dezember 2017, 16.520 im September 2017 und 15.261 Erst- und
Folgeanträgen im Juni 2017, wobei die Spitze der gestellten Erst- und
Folgeanträge mit 18.711 im November 2017 lag.
Eine Aufstellung und Grafik zur Entwicklung der Asyl-Erstanträge aus
den Ländern mit hoher Bleibeperspektive (Syrien, Iran, Irak, Eritrea, Somalia)
und Afghanistan ist als Anlage 3 zu TOP 2 beigefügt.
Die beim BAMF anhängigen Verfahren konnten von 146.551 im Juni 2017 auf
52.514 im Juni 2018 abgebaut werden. Im Juni 2018 hat das BAMF 14.792
Entscheidungen getroffen, davon 3.911 positive Entscheidungen. Die Schutzquote
betrug im Juni 2018 26,4 % (gegenüber
30,5 % im März 2018, 37,0 % im Dezember 2017, 39,7 % im September 2017 und 39,9
% im Juni 2017). Eine entsprechende Übersicht liegt als Anlage 4 zu TOP
2 bei.
Freiwillige Ausreisen/Rückführungen (Abschiebungen):
Dr. Joachim Stamp, Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und
Integration, hat dem Integrationsausschuss des Landes NRW zum Stichtag
31.03.2018 zum Thema Rückführung/ freiwillige Rückkehr berichtet. Danach
erfolgten in 2017 die meisten Ausreisen bundesweit aus NRW heraus. So sind im
Zeitraum 01.01.2017 bis 31.12.2017 insgesamt 11.355 geförderte freiwillige
Ausreisen über das REAG/GARP-Programm erfolgt. Dies entspricht ca. 38,46 % der
bundesweiten REAG/GARP-Ausreisen.
Dieser Trend setzt sich fort: So wurden bis zum Stichtag 31.03.2018
insgesamt 1.548 REAG/GARP-Anträge bewilligt. Dies entspricht ca. 34,41 % der
bundesweiten REAG/GARP-Bewilligungen, so dass auch weiterhin die meisten
freiwilligen Ausreisen bundesweit aus NRW erfolgen.
Des Weiteren sind in der Zeit vom 01.01.2017 bis zum 31.12.2017
insgesamt 6.308 Personen aus NRW in ihre Heimatländer zurückgeführt worden.
Bundesweit wurden im vergleichbaren Zeitraum 23.966 Rückführungen statistisch
erfasst. Dies entspricht ca. 26,3 % der bundesweiten Abschiebungen.
38 % der Ausreisepflichtigen sowie 35 % der Asylentscheidungen ohne
Schutzgewährung in NRW entfallen gemäß AZR-Statistik auf Personen aus den acht
NRW-Rückkehr-Schwerpunktstaaten Albanien, Kosovo, Serbien, Mazedonien,
Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Georgien und Armenien. Ebenso entfielen 57 %
der Abschiebungen und 76 % der freiwilligen Ausreisen mit REAG/GARP aus NRW in
2017 auf diese acht Schwerpunktstaaten.
In 2018 wurden laut Statistik der Bundespolizei bis zum Stichtag
31.03.2018 bereits 1.631 Rückführungen (einschl. Dublin-Überstellungen) durch
NRW erfasst. Dies entspricht ca. 26,16 % der bundesweiten Abschiebungen (zu den
genannten Zahlen siehe Anlage 5 zu TOP 2).
Vergleichende Zahlen
Bund, NRW, Rhein-Kreis Neuss, Neuss und Dormagen:
Aktuelle Zahlen des
Bundes und des Landes NRW zu den erfolgten Abschiebungen im Jahr 2018 bis zum
Stichtag 30.06.2018 waren nicht zu ermitteln. Im Rhein Kreis Neuss
(Ausländerbehörden Rhein-Kreis Neuss, Neuss und Dormagen) wurden in 2017
insgesamt 81 erfolgreiche Abschiebungen durchgeführt und in 2018 bis zum
30.06.2018 insgesamt 37.
Erfolgte durchgeführte
Abschiebungen:
|
BUND |
NRW |
RKN |
NE |
DO |
2017 |
23966 |
6308 |
45 |
23 |
13 |
2018 |
|
|
20 |
16 |
1 |
Nicht alle
Abschiebeversuche sind erfolgreich. Die Anzahl der erfolglosen Abschiebeversuche
für den Bund und das Land NRW waren nicht zu ermitteln. Das Ausländeramt der
Stadt Dormagen erfasst statistisch keine gescheiterten Abschiebeversuche.
Zahlen zu gescheiterten
Abschiebeversuchen liegen nur von den Ausländerbehörden der Stadt Neuss und des
Rhein-Kreises Neuss vor.
Gescheiterte
Abschiebungen:
|
NE |
RKN |
2017 |
13 |
33 |
2018 |
12 |
62 |
Die in der Zuständigkeit der kommunalen Ausländerbehörden liegende
Rückführung abgelehnter Asylbewerber könnte effektiver sein, wenn die
zuständigen Landesbehörden die Beschaffung von Passersatzpapieren beschleunigen
und die Quantität der Flugbuchungen erhöhen würden.
Vom Land geplante Maßnahmen zur Entlastung der Kommunen:
Das Land hat erkannt, dass die Kommunen und die kommunalen
Ausländerbehörden in NRW durch die hohe Zahl der in den letzten Jahren
aufgenommenen Flüchtlinge immer noch vor großen Herausforderungen stehen und
hat mit der Entwicklung von Maßnahmen zur Steuerung des Asylsystems und zur
Entlastung der Kommunen begonnen. Ziel ist hierbei, die Kommunen zu entlasten,
damit sie sich auf die Integration der Personen, die ein Bleiberecht haben,
konzentrieren können. Im Rahmen des Landesaufnahmesystems sollen die Personen,
die nach Prüfung in einem rechtsstaatlichen Verfahren nicht schutzberechtigt
sind, möglichst konsequent bereits aus den Landeseinrichtungen in ihre
Heimatländer zurückgeführt werden. Zur Umsetzung wurde von der Landesregierung
ein Stufenplan zur Anpassung des Asylsystems erarbeitet.
Während für die Umsetzung der Stufe 2 noch rechtliche oder
organisatorische Vorbereitungshandlungen notwendig sind und für die Umsetzung
der Stufe 3 noch notwendige Strukturen im Landesbereich aufgebaut und
sukzessive ausgebaut werden müssen, befindet sich die Stufe 1 seit dem
01.07.2018 in der Umsetzung.
Schwerpunkte der Umsetzung der Stufe 1 (kurze Zusammenfassung):
Im beschleunigten Asylverfahren nach § 30 a AsylG sollen künftig
grundsätzlich die neu eingereisten Staatsangehörigen aus allen sicheren
Herkunftsländern sowie für Tatbestände des Absatzes 1 Nrn. 2 bis 7 zusätzlich
die neu eingereisten Staatsangehörigen aus den Ländern Algerien, Armenien,
Aserbaidschan, Georgien, Marokko, Nigeria, Pakistan, Russische Föderation,
Tadschikistan und Tunesien berücksichtigt werden. Diese verbleiben grundsätzlich
bis zum Abschluss des Asylverfahrens und im Falle einer Ablehnung unter den
Voraussetzungen des § 30 a Abs. 3 AsylG bis zu ihrer Ausreise oder bis zum
Vollzug der Abschiebungsandrohung oder -anordnung in den Landeseinrichtungen.
Davon ausgenommen sind Personen, die nach Einschätzung der Zentralen
Ausländerbehörden innerhalb von zwei Jahren nicht rückgeführt werden können
oder aus gesundheitlichen Gründen oder mit einem besonderen Schutzbedarf
einhergehenden Gründen nicht in den Landeseinrichtungen verbleiben können.
Diese sind zuzuweisen. Mit der Umsetzung des erweiterten beschleunigten
Asylverfahrens ist die Bezirksregierung Arnsberg beauftragt worden.
Bei Personen mit ungeklärter Bleibeperspektive kann die Aufenthaltszeit
in der Landeseinrichtung, sofern über das Asylverfahren noch nicht entschieden
wurde, von drei auf sechs Monate verlängert werden.
Künftig sollen möglichst viele Asylsuchende, welche sich im
Dublin-Verfahren befinden, direkt aus den Landeseinrichtungen, in denen sie
maximal sechs Monate verbleiben, in die anderen Mitgliedstaaten überstellt
werden. Zunächst wird aufgrund der derzeit noch bestehenden begrenzten
Rückführungskapazitäten mit der Überstellung in die Länder Schweiz und Polen
begonnen.
Personen außerhalb des beschleunigten Asylverfahrens nach § 30 a AsylG
und außerhalb des Dublin-Verfahrens verbleiben bis zum Ablauf der jeweiligen
maximalen gesetzlichen Wohnverpflichtung in den Unterbringungseinrichtungen des
Landes und werden dann zugewiesen.
Um den besonderen Bedürfnissen von minderjährigen Kindern Rechnung zu
tragen, werden Familien mit minderjährigen Kindern im vierten
Aufenthaltsmonat bzw. im sechsten
Aufenthaltsmonat im § 30 a AsylG-Verfahren, zugewiesen, sofern keine Rückführung
innerhalb der nächsten zwei Monate möglich erscheint.
Ob der Stufenplan des Landes wirksam zur Entlastung der Kommunen
beiträgt, wird auch davon abhängen, wie schnell und konsequent dieser
umgesetzt wird. Zurzeit kann von einer Entlastung der Kommunen noch nicht die
Rede sein. Aus dem Bericht des MKFFI an den Präsidenten des Landtages NRW vom 22.05.2018 ist zu entnehmen, dass von der
aktiven Aufnahmekapazität der Landeseinrichtungen in Höhe von 20.315 Plätzen
mit Stand 04.04.2018 lediglich 10.745 Plätze belegt waren. Gleichzeitig wird ausgeführt,
dass den Kommunen im 1. Quartal 2018 ca. 5.940 Asylsuchende im Quartal
zugewiesen wurden, obwohl es im gleichen Zeitraum ca. 8.100 asylsuchende
Erstantragsteller in NRW gab. Dies bedeutet im genannten Zeitraum ein Verbleib
von 25 % der Flüchtlinge in den Landeseinrichtungen, womit ein erster Schritt
bei der Unterstützung der Kommunen getan ist.