Beschlussempfehlung:
Aufgrund der dargestellten Vorteile wird vorgeschlagen, dass der Rhein-Kreis Neuss dem Antrag der Kreistagsfraktionen von CDU, FDP und UWG/Freie Wähler-Zentrum zustimmt, die Charta unterzeichnet und dem Landesprogramm „Vereinbarkeit Beruf und Pflege“ beitritt.
Sachverhalt:
Hintergrund
Das Landesprogramm „Vereinbarkeit Beruf & Pflege“ unterstützt
Unternehmen dabei, die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege für die Beschäftigten
mit Pflegeverantwortung zu verbessern und gleichzeitig deren weitere Tätigkeit
im Unternehmen als Fachkräfte zu sichern.
Pflegende Angehörige reduzieren ihre Arbeitszeit durchschnittlich um 5-10 Wochenstunden oder hören ganz auf zu arbeiten. Dies führt dazu, dass weniger Personal vorhanden ist. Außerdem fällt bei pflegenden Angehörigen der Verdienst teilweise weg, was zu Unzufriedenheit und Demotivation am Arbeitsplatz führen kann. Das Personal könnte demnach bei individueller und angemessener Unterstützung durch den Arbeitgeber/Dienstherrn gefestigt werden, da weniger Mitarbeitende kündigen oder Stunden reduzieren würden, wenn eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Pflege gewährleistet werden kann.
Das Landesprogramm vernetzt Unternehmen zudem mit der Pflegeinfrastruktur
vor Ort. Jedes interessierte Unternehmen kann dieser Charta beitreten
Charta zur Vereinbarkeit von
Beruf und Pflege in NRW
Unternehmen, die bereits Angebote für die Vereinbarkeit von Pflege und
Beruf haben oder sich gemeinsam mit den Mitarbeitenden auf den Weg machen
möchten, können die Charta zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege des Landes
NRW unterzeichnen. Angesprochen sind dabei nicht nur Unternehmen, die schon
Maßnahmen in diesem Bereich anbieten, sondern explizit auch alle, für die die
Unterzeichnung eine öffentlichkeitswirksame Absichtserklärung ist, die
Vereinbarkeit von Beruf und Pflege für ihre Beschäftigten zukünftig verbessern
zu wollen. Neben Unternehmen der Privatwirtschaft ist eine Unterzeichnung der
Charta auch für Organisationen der öffentlichen Verwaltung möglich.
Mit Blick auf die öffentliche Verwaltung ist zu beachten, dass keine
Behörde „bei Null“ anfängt, was die Realisierung von Maßnahmen zur
Unterstützung pflegender Angehöriger angeht. So hat der Rhein-Kreis Neuss
bereits in der Vergangenheit flexible Arbeitszeiten eingeführt. Demnach können
hier bestehende Regelungen weiterentwickelt oder zusätzlich zu den bestehenden
Dienstvereinbarungen neue Regelungen gestaltet werden. Ein Grundkonzept ist also
bereits vorhanden.
Vorteile der Charta/Nutzen für
den Rhein-Kreis Neuss:
- Öffentlichkeitswirksame
Absichtserklärung zur Entwicklung einer pflegefreundlichen Verwaltungsorganisation
è Steigerung der Attraktivität des
Arbeitgebers
- Sichtbarkeit
des Engagements innerhalb und außerhalb der Verwaltung, unter anderem
durch ein Logo für Homepage, Kommunikation und Fachkräftesuche
- Zugang zum
digitalen Infoportal des Landesprogramms mit Informationen zur
Vereinbarkeit, Möglichkeiten zum Austausch und zum Vernetzen è Sicherheit im Umgang mit dem Thema „Pflege und Beruf“
- Vertrauensaufbau
gegenüber den Mitarbeitenden
- Steigerung
der Transparenz in diesem Themenfeld
Qualifizierung von
Pflege-Guides
Mitarbeitende, die interessiert sind, die Vereinbarkeit von Pflege und
Beruf in ihrem Unternehmen voranzutreiben, können über das Landesprogramm eine
Ausbildung zum betrieblichen Pflege-Guide absolvieren. Für die Qualifizierung
betrieblicher Pflege-Guides nehmen die Kandidatinnen und Kandidaten zunächst an
einer Online-Einstiegsveranstaltung im Zeitrahmen von zwei Stunden teil. Darauf
folgen zwei ganztägige Veranstaltungen in Präsenz. Nach drei bis vier Monaten
findet ein Online-Treffen statt, um sich nochmals auszutauschen.
Die Pflege-Guides informieren und sensibilisieren anschließend innerhalb der
Mitarbeiterschaft zum Thema und unterstützen Kolleginnen und Kollegen, die
Angehörige pflegen oder sich auf eine Pflege vorbereiten möchten. Als
Vertrauensperson geben sie erste Orientierung und leiten Informationen über
externe Hilfs- und regionale Beratungsnetze weiter. Sie informieren zudem über
die Vereinbarkeitsangebote innerhalb des Unternehmens und die gesetzlichen
Regelungen.
Über das digitale Portal des Landesprogramms erhalten Pflege-Guides zudem
Informationsmaterial auf Basis des im Münsterland entwickelten „Pflegekoffers“
mit Ansprechpersonen und Möglichkeiten in der Region, Kursangebote sowie
Artikel und Beiträge aus Wissenschaft und Forschung.
Kosten
Die Teilnahme am Landessprogramm und die Qualifizierung zum Pflege-Guide
durch die AOK ist kostenfrei.
Den zeitlichen Aufwand für die Teilnahme investieren die Unternehmen. Es
handelt sich in der Regel um zwei Qualifizierungskurs-Tage.
Praxisbeispiele der Teilnahme
am Landesprogramm in der Kommunalverwaltung
Stadt Gelsenkirchen
Ein ausgebildeter
Pflege-Guide, angesiedelt im Bereich der Gleichstellung.
Perspektivisch soll pro Vorstandsbereich/Dezernat ein Pflege-Guide
ausgebildet werden.
Stadt Drolshagen
Ein ausgebildeter Pflege-Guide, angesiedelt im Bereich der Personalwirtschaft.
Die Aufgabe der Pflege-Guides wird in den beiden Referenzkommunen als
Zusatzaufgabe zum eigentlichen Sachgebiet wahrgenommen. Kalkuliert werden kann
mit einem wöchentlichen Arbeitsvolumen von 5-10 Arbeitsstunden pro
Pflege-Guide, also max. 0,2 VZÄ pro Pflege-Guide.
Aufgaben der Pflege-Guides:
- Qualifizierung zum betrieblichen
Pflege-Guide (einmalige Schulung)
- Teilnahme an Netzwerktreffen zum
Austausch
- Aufbau einer Informationssammlung
(Beispielsweise über das Pflegezeitgesetz)
- Ggf. Prüfung neuer Regelungen bezüglich
bestehender Dienstvereinbarungen/Überprüfung bestehender Regelungen
- Kommunikation innerhalb des
Rhein-Kreises Neuss (Beispielsweise über Publikationen im Intranet oder
über Informationsveranstaltungen)
- Beratungsangebote für betroffene
Mitarbeitende (Zeitaufwand individuell, je nach Nachfrage)
Pflegende
Angehörige in der Verwaltung des Rhein-Kreises Neuss
Beim Rhein-Kreis Neuss gibt es derzeit keine konkreten Zahlen darüber, wie viele Mitarbeitende Angehörige pflegen und betreuen. Dennoch gibt es immer wieder Anträge auf kurzfristige Freistellungen nach dem Pflegezeitgesetz. Anderweitige Bedürfnisse seitens der Mitarbeitenden sind nicht bekannt. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass den Beschäftigten Informationen zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege fehlen und diese zu wenig kommuniziert werden.