Betreff
Zusätzliche Fachberatungsstelle für Wohnungsnotfälle in Dormagen
Vorlage
50/4209/XVII/2024
Art
Beschlussvorlage

Beschlussempfehlung:

Der Ausschuss für Soziales und Wohnen beschließt die Einrichtung einer zusätzlichen Fachberatungs- und Kontaktstelle für Wohnungsnotfälle nach § 67 SGB XII in Dormagen in Trägerschaft der CaritasSozialdienste Rhein-Kreis Neuss GmbH nach Maßgabe des vorgelegten Konzeptes und der Kostenkalkulation.


Sachverhalt:

Zu der durch das kreisweite Wohnungsnotfallkonzept empfohlenen ersten Schlüsselmaßnahme „Erweiterung der kreisweiten Fachberatungsstruktur“ gehört die Einrichtung einer zusätzlichen Fachberatungsstelle nach § 67 SGB XII in der Stadt Dormagen (Vorlage 50/4208/XVII/2024).

 

 

Wie die vorstehende Abbildung (Auszug aus der Angebots- und Bedarfsanalyse des Büros STADTRAUMKONZEPT zum kreisweiten Wohnungsnotfallkonzept) zeigt, hat sich die Anzahl wohnungsloser Personen im Rhein-Kreis Neuss von 384 im Jahr 2017 auf 1.420 im Jahr 2022 innerhalb von fünf Jahren mehr als verdreifacht.

 

Die Stadt Dormagen ist in den Jahr 2021 und 2022 die kreisangehörige Stadt mit den meisten Personen in der ordnungsrechtlichen Unterbringung. 58,6 % aller kommunal untergebrachten Personen in Dormagen waren zum 30.06.2021 länger als zwei Jahre wohnungslos. Der Anteil der längerfristig wohnungslosen Personen liegt damit deutlich über dem kreisweiten Durchschnitt von 52,8 % und dem landesweiten Durchschnitt von 50,7 %.

 

Dies deutet auf einen Handlungsbedarf im Bereich Beratung/Clearing im Stadtgebiet Dormagen hin. Mit der Wohnungsnotfallhilfe Dormagen, welche über die Landesinitiative „Endlich ein ZUHAUSE“ finanziert wird, konnte ein erstes, zeitlich begrenztes Angebot geschaffen werden.

 

Zudem ergibt sich in Dormagen ein besonderes Defizit in der flächendeckenden Versorgung mit Fachberatungsangeboten. Dies gilt speziell für die Zielgruppe der Frauen. In der folgenden Übersicht (Auszug aus Angebots- und Bedarfsanalyse) ist die Erreichbarkeit frauenspezifischer Beratungsangebote der Wohnungsnotfallhilfe in 20 Minuten mit dem ÖPNV dargestellt:

 

 

Hieraus wird deutlich erkennbar, dass frauenspezifische Beratungsangebote für Menschen aus Dormagen sowie den südlichen Gebieten von Neuss nicht gut erreichbar sind.

 

Dadurch ergibt sich der Bedarf der Schaffung von Kapazitäten für eine zusätzliche Fachberatungsstelle in Dormagen zur Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung mit Fachberatungsangeboten und die Verstetigung der Ansätze der Wohnungsnothilfe in Dormagen.

 

Konzeption Fachberatungs- und Kontaktstelle Dormagen

 

Die CaritasSozialdienste Rhein-Kreis Neuss GmbH hat Interesse erklärt, die Trägerschaft einer zusätzlichen Fachberatungs- und Kontaktstelle zu übernehmen und die als Anlage 1 beigefügte Konzeption vorgelegt. Das Einzugsgebiet der Fachberatungsstelle wird in erster Linie im südöstlichen Teil des Kreises liegen. Der Schwerpunkt der Erreichbarkeit liegt auf den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Dormagen und der Gemeinde Rommerskirchen. Der Standort der Fachberatungs- und Kontaktstelle sollte möglichst innerstädtisch platziert und mit dem ÖPNV gut erreichbar sein.

 

Das Hilfeangebot richtet sich an volljährige Personen (im Präventionsbereich auch an junge Heranwachsende), bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, zu deren Überwindung sie aus eigenen Kräften und Mitteln nicht in der Lage sind. Dies sind soziale Notlagen, die über Krankheit, Behinderung und Einkommensarmut hinausgehen. Bei den Hilfesuchenden handelt es sich um Wohnungsnotfälle, Wohnungslose, ehemals Wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit unmittelbar bedrohte Menschen.

 

Ein besonderes Augenmerk in der Fachberatungsstelle Dormagen soll auf die Zielgruppe der Frauen und Heranwachsenden gerichtet werden, da sie, wie die Angebots- und Bedarfsanalyse von STADTRAUMKONZEPT ergeben hat, im Raum Dormagen in erhöhtem Maße einen Hilfebedarf haben. Diese besondere Berücksichtigung stellt jedoch kein Ausgrenzungskriterium für die anderen Zielgruppen dar.

 

Die Hilfen der Fachberatung zielen auf die Sicherung eines menschenwürdigen Lebens der Zielgruppe, die Ermöglichung der Teilnahme am Leben in der Gesellschaft und Befähigung zur Selbsthilfe ab, um zukünftig entstehende Schwierigkeiten ohne Hilfe durch Dritte bewältigen zu können. Konkret bietet die Fachberatungsstelle unter anderem folgende Leistungen der Unterstützung an:

 

·         Beratung in Bezug auf Sozialleistungsansprüchen/finanzielle Sicherung des Lebensunterhaltes/Unterstützung bei Anträgen

·         Unterstützung bei der Abwendung drohender Obdachlosigkeit (Wohnungssicherung bzw. Wohnungssuche)

·         Psychosoziale Beratung/emotionale Entlastung

·         Frauenspezifische Angebote

·         Unterstützung bei akuten Problemlagen/finanzielle Soforthilfen

·         Hilfestellungen im Kontakt zu Vermieter, Gläubiger, Energieversorger etc.

·         Vermittlung in Notunterkünfte, stationäre Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe und Frauenhäuser

·         Kooperation mit anderen Stellen und Netzwerken (z.B. Sucht- und Schuldenberatung)

 

Neben dem Beratungsangebot wird am gleichen Ort eine Kontaktstelle eingerichtet, in der ein niedrigschwelliges „Ankommen“ möglich ist. Die Kontaktstelle ist als Medium zu verstehen, dass es der Klientel ermöglicht, einen zwanglosen Einstieg in den Beratungsprozess zu finden.

 

Die Realisierung der Fachberatungsstelle soll vom 01.01.2024 bis 31.12.2025 insofern erfolgen, dass zunächst das vorhandene Personal eingesetzt wird und im Rahmen des Möglichen im Schwerpunkt die Aufgaben der Fachberatungsstelle abdeckt. Für die Aufgabenerfüllung sollen zwei Vollzeitäquivalente der Sozialarbeit/Sozialpädagogik o.ä. eingesetzt werden, wovon ein Vollzeitäquivalent über die Landesinitiative „Endlich ein ZUHAUSE“ finanziert wird. Zusätzlich soll ein Vollzeitäquivalent im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) o.ä. besetzt werden.

 

Ab dem Jahr 2026 könnte bei entsprechender Inanspruchnahme eine Erweiterung des vorhandenen Angebots - wie im als Anlage beigefügten Konzept skizziert - in Betracht gezogen werden. Diese mögliche Ausweitung bedarf allerdings einer Konkretisierung des vorhandenen Konzepts und einer erneuten politischen Beschlussfassung.

 

Die Konzeption der Fachberatungs- und Kontaktstelle wird Herr Dirk Jünger, Abteilungsleiter Soziale Dienste der CaritasSozialdienste Rhein-Kreis Neuss GmbH, in der Sitzung vorstellen.

 

Finanzierung

 

Ausweislich der als Anlage 2 beigefügten Kostenkalkulation der CaritasSozialdienste Rhein-Kreis Neuss GmbH belaufen sich die Gesamtkosten der Fachberatungsstelle Dormagen auf 271.273,11 € jährlich. Hinzu kommen einmalig Umbaukosten in Höhe von 15.885,00 €. Für das Haushaltsjahr 2024 ergeben sich damit Gesamtkosten in Höhe von 287.157,11 €.

 

Von den beiden Vollzeitstellen für Sozialarbeit wird eine Vollzeitstelle bis zum 31.12.2025 über die Landesinitiative „Endlich ein Zuhause“ finanziert, so dass die Förderung in Höhe von 93.337,67 € in Abzug gebracht und die zweite Vollzeitstelle damit nicht berechnet wird.

 

Bei einer Zusicherung der Finanzierung von 50 % der Gesamtkosten durch den Rhein-Kreis Neuss besteht die Möglichkeit der Beantragung einer Finanzierung von bis zu 50 % der Restkosten beim Landschaftsverband Rheinland (LVR). Für einzelne Positionen der Personalnebenkosten und Sachkosten gewährt der LVR nur Pauschalen. Der zu erwartende LVR-Anteil beläuft sich nach der beigefügten Kalkulation auf 90.254,79 €. Bezüglich der Finanzierung ist bereits eine Vorabstimmung erfolgt. Der förmliche Antrag wird durch die Kreisverwaltung nach politischer Beschlussfassung gestellt. Mit der Stadt Dormagen wurde vorabgestimmt, dass der Rhein-Kreis Neuss und die Stadt Dormagen den Finanzierungsanteil von 50% jeweils zur Hälfte tragen.

 

Nach Abzug des LVR-Anteils und der Landesförderung „Endlich ein Zuhause“ verbleiben Restkosten in Höhe von 103.565,65 € jährlich zuzüglich einmalig 7.942,50 € für Umbaumaßnahmen. Somit ergibt sich für den Rhein-Kreis Neuss für die Jahre 2024 und 2025 jeweils ein hälftiger Finanzierungsanteil in Höhe von 47.811,58 €. Hinzu kommen einmalig 3.971,25 € für Umbaumaßnahmen. Für das Jahr 2024 bedeutet dies 51.782,83 € an Gesamtkosten.

 

Zur Finanzierung der Fachberatungs- und Kontaktstelle in Dormagen hat der Finanzausschuss in seiner Sitzung am 05.03.2024 aufgrund des Wunschlisten-Antrages Nr. 52.2 der CDU-Kreistagsfraktion der Einstellung von Mitteln in Höhe von 51.783,00 € im Haushalt 2024 unter dem Produkt 050.331.010 „Förderung der Wohlfahrtspflege“ zugestimmt.

 

 

voraussichtliche finanzielle Auswirkungen auf den Haushalt

Einzahlungen/Erträge

ca. --,-- €

Auszahlungen/Aufwendungen

ca. 51.783,00 €

personalwirtschaftliche Auswirkungen (zusätzlicher Personalaufwand)

nein

Auswirkungen auf das Planjahr

2024: ca. 55.755,00 €

Auswirkungen auf die folgenden Haushaltsjahre

(Betrachtungszeitraum: 5 Jahre)

2025: ca. 51.783,00 €