(Bl. 4123) durch Neubau und Abzweig "Birkenhof-UA Gellep" sowie Anpassung der bestehenden 110-/220-kV-Höchstspannungsfreileitung Osterath-Huckingen
Beschlussempfehlung:
Der
Naturschutzbeirat des Rhein-Kreises Neuss erhebt keine Bedenken gegen die
Erteilung der Befreiung des Vorhabens „380-KV-Höchtspannungsleitung,
Birkenhof-UA Gellep “ gem. § 67 BNatSchG von den Verbotstatbeständen zum LSG
6.2.2.3 des Landschaftsplans III - Meerbusch/ Kaarst/Korschenbroich des
Rhein-Kreis Neuss.
Sachverhalt:
Infolge der
Verlagerung der Transportfunktion in die 380-kV-Spannungsebene und
Stilllegungen von regional in das 220-kV-Netz einspeisenden Kraftwerken besteht
die Notwendigkeit, die Versorgung der Umspannanlage Gellep, die heute aus der
220-kV-Spannungsebene erfolgt, auf die 380-kV-Spannungsebene umzustellen. Das
vorgenannte Umspannwerk dient vor allem auch als Übergabestation für die
Stadtwerke Krefeld (SWK), da am Standort Gellep die elektrische Energie aus dem
380-kV-Übertragungsnetz der Amprion transformiert und in das
110-kV-Regionalnetz der SWK eingespeist werden soll. Vor dem Hintergrund der
genannten Entwicklungen wurde die Umspannanlage (UA) Gellep im Ortsteil
Gellep-Stratum der kreisfreien Stadt Krefeld im Regierungsbezirk Düsseldorf
bereits für die Einspeisung elektrischer Energie auf der 380-kV-Ebene
umgerüstet.
Die Versorgung
aus dem Übertragungsnetz der Amprion soll zukünftig durch eine neue Abzweigung
von der benachbarten 380-kV-Höchstspannungsfreileitung Osterath - Punkt
Birkenhof (1030) zur Umspannungsanlage Gellep (1033) erfolgen (Anlage, Übersichtsplan). Das
erforderliche Planfeststellungsverfahren wird bei der Bezirksregierung
Düsseldorf geführt. Verfahrensbestandteile sind u. A. umfangreiche Untersuchungen
die in einem Umweltgutachten zusammengestellt sind (das Gutachten ist im Bürgerinfoportal des Rhein-Kreis Neuss
eingestellt). Dort erfolgt die Bearbeitung der naturschutzrechtlichen
Eingriffsregelung, die Prüfung des Artenschutzrechts sowie die Verträglichkeitsprüfung
hinsichtlich betroffener Schutzgebiete für die Gesamtplanung, deren Trasse ganz
überwiegend auf Krefelder Stadtgebiet verläuft.
Die Planung der
neuen Tasse betrifft den Rhein-Kreis Neuss nur am Rande. Konkret befindet sich
lediglich der Trassenverlauf zwischen zwei Masten Standorten der geplanten
Freileitung im Rhein-Kreis Neuss, wobei der südlichste Maststandort bei der
geplanten Abzweigung (Pkt. 1030) rückgebaut und durch einen Neubau ersetzt wird
und sich somit nur ein zusätzlicher Neubau im Rhein-Kreis Neuss befindet.
Von Seiten der
Verwaltung ist festzustellen, dass die erforderlichen Kompensationsmaßnahmen im
Rahmen der Gesamtkompensation des Vorhabens angemessen bilanziert sind. Die
Frage des natur- und artenschutzrechtlichen Ausgleichs wird im Rahmen der
Planfeststellung durch die Höhere Naturschutzbehörde bei der Bezirksregierung
Düsseldorf im Einzelnen geprüft.
Im
Planfeststellungsverfahren relevant für den Rhein-Kreis Neuss als Träger der
Landschaftsplanung und Untere Naturschutzbehörde ist die Frage der
Betroffenheit von Schutzgebieten durch die geplante Fernleitung. Der im Rhein
Kreis Neuss liegende Abschnitt (2 Masten) befindet sich im
Landschaftsschutzgebiet (Anlage,
Karte Schutzgebiete).
Konkret
betroffen ist das Landschaftsschutzgebiet „Ossum-Bösinghover Altstromrinne/
Herrenbusch/Lanker Bruch und Lanker Busch“ gem. Festsetzung 6.2.2.3 des
Landschaftsplans III - Meerbusch/Kaarst/Korschenbroich des Rhein-Kreis Neuss.
Schutzzweck:
Das etwa 692 ha
große Landschaftsschutzgebiet „Ossum-Bösinghover Altstromrinne/
Herrenbusch/Lanker Bruch und Lanker Busch“ im Stadtgebiet von Meerbusch im
Rhein-Kreis Neuss dient insbesondere
a) der
Bedeutung der Altstromrinne als kleinflächiges Mosaik aus Wiesen- und
Weidenflächen, Gehölzen, Gräben und Wegrändern,
b) der
Bedeutung der Kulturlandschaft mit hohem Anteil an Hecken, Baumreihen,
Kopfbäumen, Baumgruppen und Waldrändern für den Artenschutz,
c) der Bedeutung der Seefläche als
Uferschwalbenbiotop,
d) der
Bedeutung des Herrenbusches als großes Laubmischwaldgebiet für den
Naturhaushalt und für die Erholung,
e) der Bedeutung des Lanker Bruchs als
wertvolles Feuchtgebiet. Verbotstatbestände
Dem Neubau der
Leitung mit ihren 2 Maststandorten (ein Ersatzbau) im Landschafts-schutzgebiet
stehen die Verbote des Landschaftsplans III entgegen. Der Landschaftsplan
verbietet gemäß Festsetzung 6.2.2:
1. bauliche
Anlagen im Sinne der Bauordnung für das Land Nordrhein- Westfalen zu errichten
sowie die Außenseite bestehender baulicher Anlagen zu ändern, auch wenn das
Vorhaben keiner bauaufsichtlichen Genehmigung bedarf, Buden, Verkaufsstände,
Verkaufswagen oder Warenautomaten zu errichten, aufzustellen oder abzustellen;
4. Straßen, Wege oder Plätze zu errichten, zu
ändern oder bereitzustellen;
5. Aufschüttungen,
Verfüllungen, Abgrabungen, Ausschachtungen oder Sprengungen vor-zunehmen,
Bodenmaterial zu entnehmen oder die charakteristische Bodengestalt auf andere
Weise zu verändern; ferner die Veränderung, Beseitigung oder das Anlegen von
Wasserläufen, Wasserflächen oder deren Ufern;
6. oberirdische
oder unterirdische Leitungen - Freileitung, Kabel, Rohrleitung - zu verlegen
oder zu ändern, Zäune oder andere Einfriedigungen zu errichten oder zu ändern;
7. landschaftsfremde
Stoffe oder Gegenstände zu lagern, abzulagern oder sich ihrer in anderer Weise
zu entledigen;
9. Bäume, Sträucher, Hecken, Feld- oder
Ufergehölze zu beseitigen oder zu beschädigen;
10. mit
Kraftfahrzeugen außerhalb der befestigten oder gekennzeichneten Straßen,
Fahrwege, Park- oder Stellplätze und Hofräume zu fahren oder diese dort
abzustellen.
Das Vorhaben
stellt die Errichtung einer oberirdischen Leitung dar und verwirklicht damit
den o. g. Verbotstatbestand zu den Punkten 1. und 6. Mit Durchführung des
Vorhabens ist die Anlage von Arbeitsflächen im Zuge der Baumaßnahmen
erforderlich. Durch die Freimachung der Arbeitsflächen, ggf. Gehölzentnahme
oder Gehölzrückschnitt, Ausschachtungen und den Maschineneinsatz im Baubetrieb
werden die Punkte 1., 4., 5., 6., 7., ggf. 9. und 10. der Verbotstatbestände
einschlägig.
Bewertung der
Betroffenheit des Schutzzweckes:
Der Neubau des
kurzen Trassenabschnittes im LSG befindet sich auf der ackerbaulich genutzten
Mittelterasse in Entfernung zur Altstromrinne des NSG Buersbach und Latumer
Bruch. Die konkret formulierten Schutzzwecke des LSG sind durch die Planung
nicht betroffen, jedoch werden die allgemeinen Schutzzwecke für
Landschaftsschutzgebiete (Erholung, Leistungsfähigkeit Naturhaushalt) durch die
Planung beeinträchtigt.
Im Zuge der
Abwägung ist festzustellen, dass die mit dem Vorhaben verfolgten öffentlichen
Interessen (sichere Stromversorgung der Bevölkerung) gegenüber der Beachtung
der natur- und landschaftsschutzrechtlichen Interessen aufgrund der lediglich
geringfügigen Beeinträchtigung des allgemeinen Schutzzweckes des LSG
überwiegen.
Die
Inanspruchnahme von Flächen innerhalb des Landschaftsschutzgebiets ist dabei
nicht zu vermeiden. Bei der Trassierung der Antragstrasse für das
Planfeststellungsverfahren haben die Vorhabenträger die Prüfaufträge aus dem
Raumordnungsverfahren umgesetzt. Weder in rechtlicher Hinsicht noch mit Blick
auf die tatsächlichen Gegebenheiten sind Anhaltspunkte ersichtlich, die
bezüglich der gewählten Trassenführung eine andere Beurteilung nahelegen
würden. Bei Prüfung der kleinräumigen Varianten wurde stets die
raumverträglichste Trassenführung ausgewählt.
Der Befreiungstatbestand des § 67 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 BNatSchG (überwiegendes öffentliches Interesse) trifft für den
geplanten Neubau der Höchstspannungsleitung auf dem Gebiet des Rhein-Kreis
Neuss zu.