Sachverhalt:
Bericht über die Reise der Bildungskommission des
Rhein-Kreises Neuss in den Kreis Mikołów und zum Erfahrungsaustausch zum
Schulsystem in NRW und in Polen und Besuch in Förder-/u. Berufsschulen vom 18.
bis 22.05.2022
Bereits 2018
war eine Bildungskommission des Kreises Mikołów im Rhein-Kreis Neuss zu
Besuch, um sich über das Schulsystem in NRW und die vier Berufsbildungszentren
des Rhein-Kreises Neuss mit ihren verschiedenen fachlichen
Ausbildungsschwerpunkten zu informieren. Zum Abschluss des viertägigen
Aufenthaltes wurde die Bildungskommission des Rhein-Kreises Neuss vom
stellvertretenden Landrat Tadeusz Marszolik zu einem Gegenbesuch in den Rhein-Kreis
Neuss eingeladen. Leider verhinderte die Corona-Pandemie ein schnelles
Wiedersehen und so konnte erst im vergangenen Jahr nach der Bestimmung der
Mitglieder der Bildungskommission des Rhein-Kreises Neuss der Gegenbesuch mit
den Gastgebern im Kreis Mikołów abgestimmt werden. Der fünftägige Besuch
fand nun vom 18. bis 22.05.2022 statt und war gefüllt mit interessanten und
aufschlussreichen Vorträgen zum polnischen Schulsystem und mit
Gesprächsterminen und Fachvorführungen in einer Förder-und in drei Berufsschulen
des Kreises Mikołów. Höhepunkt des Aufenthaltes war die Unterzeichnung
eines im Vorfeld vorbereiteten Kooperationsvertrages zwischen dem BBZ Dormagen
und der Schule für Energie und Dienstleistungen in Łaziska Górne, mit dem
in Zukunft ein Erfahrungs- und Personalaustausch zwischen beiden Berufsschulen
gefördert werden soll.
Bildungskonferenz im Botanischen Garten Mikołów
Der Besuch
begann direkt nach der Ankunft mit einer Bildungskonferenz im Botanischen
Garten in Mikołów, in der sich die Mitglieder der beiden
Bildungskommissionen über das Schulsystem in NRW und in Polen austauschten.
Vor Beginn der Konferenz hieß der stellv. Leiter des Botanischen Garten
Mikołów, Patryk Bubla, die
Bildungskommission aus dem Rhein-Kreis Neuss herzlich willkommen und
erläuterte, dass das heutige 127qm umfassende Gelände den größten Park in
Schlesien beherberge und in früheren Zeiten ein russisches Militärgelände
gewesen sei; dieses sei auch mit Hilfe von EU-Fördermitteln in ein modernes ökologisches
und edukatives Zentrum umgebaut worden. Das Gartengelände umfasse heute eine
große attraktive Pflanzensammlung und solle die Schüler/innen mit aktuellem
Umweltwissen ausstatten.
Der stellv. Landrat des Kreises Mikołów,
Tadeusz Marszolik begrüßte die Mitglieder der Bildungskommission aus
dem Rhein-Kreis Neuss ebenfalls herzlich und brachte seine Freude zum Ausdruck,
dass es nun endlich wieder möglich geworden sei, sich persönlich zu treffen. In
seiner Erwiderung dankte Dezernent
Tillmann Lonnes auch im Namen der stellv. Landrätin und Vorsitzenden des
Partnerschaftskomitees des Rhein-Kreises Neuss, Angela Stein-Ulrich, herzlich
für die Einladung und gab einen kurzen Überblick über die Entstehung und die
erfolgreiche Entwicklung der Partnerschaft der beiden Kreise seit 1994 und
erwähnte vor allem die vielen Jugendkontakte und im Hinblick auf die heutige
Zusammenkunft die Kooperation der Stiftung Schloss Dyck mit dem Botanischen
Garten Mikołów im Rahmen eines INTERREG V B-Projektes zum Erfahrungsaustausch
zu den Themen Gartenkultur und –kunst. Er richtete die Grüße von Herrn Spanjer,
dem Leiter der Stiftung Schloss Dyck, aus und berichtete, dass die Stiftung ein
neues EU-Projekt zum Thema Klimawandel und die Auswirkungen auf Parkanlagen
initiieren wolle, bei dem der Botanische Garten gerne Projektpartner werden
könne; er werde gerne einen Kontakt zur Stiftung herstellen, ein Angebot, das
Herr Bubla spontan annahm.
Herr Lonnes betonte, dass er
froh über die heutige Gelegenheit zur Vertiefung der Partnerschaft und
Bildungszusammenarbeit und dankbar für das gute deutsch-polnische Verhältnis in
weltpolitisch schwierigen Zeiten sei. Der Krieg in der Ukraine mache deutlich,
dass Freiheit und Demokratie immer wieder erkämpft werden müssten und daher sei
es richtig, die Jugend in den beiden EU-Ländern zu fördern, denn diese müssten
die Zukunft friedlich und kooperativ miteinander gestalten.
Vortrag zum polnischen Schulsystem und über die
Schullandschaft im Kreis Mikołów
Nach einer
kurzen Vorstellungsrunde der Mitglieder beider Bildungskommissionen trug Frau Granzyna Nazar,
Vorstandsvorsitzende der Bildungskommission des Kreises Mikołów über
das polnische Schulsystem vor. Zu Beginn klärte sie die Zuhörer/innen darüber
auf, dass in Polen die Leitung von Kitas und Grundschulen bei den Gemeinden und
Städte liegen, die Kreise dagegen die
Aufsicht über die Sonder- und Fachschulen hätten. Die Rechtsgrundlage sei ein
neues Bildungsgesetz, beschlossen im Dezember 2016, das am 01.Januar 2017 in
Kraft getreten sei, danach sei jetzt generell das Wissenschafts- und
Bildungsministerium für die Schulen und die Lehrer/innen in Polen zuständig.
Gleichzeitig seien weitere Änderungen in Kraft getreten, so seien seit dem 01.
September 2020 die Gymnasien abgeschafft und in Fachschulen umgewandelt worden.
Die Finanzierung und die pädagogische Aufsicht obliege nun der jeweiligen
Woiwodschaft.
Die Bildungsfinanzierung in Polen teile sich
zwischen verschiedenen Ebenen auf, es gebe Staatszuschüsse, die Eigenmittel der
Kommunen, die in letzten Jahren deutlich erhöht worden seien und die
EU-Fördermittel.
Im Kreis Mikołów
habe man zu Beginn des neuen Schuljahres 23 Fachschulklassen eingerichtet, die
sich neben der fachlichen Ausbildung auch um die psychologische und
pädagogische Betreuung ihrer Schüler/innen kümmerten. Viele Schulen im Kreis Mikołów
hätten Partnerschaften zu Schulen in anderen europäischen Ländern aufgebaut,
u.a. nach Deutschland, Italien, Spanien, Slowenien, Slowakei; im Rhein-Kreis
gebe es Kontakte bzw. Partnerschaften zum BBZ Neuss-Weingartstr. (Zespól Szkól
Ponadpodstawowych, Sekundarschulkomplex Ornontowice), zum BBZ Dormagen (Schule
für Energie und Dienstleistungen in Łaziska Górne) und zum
Bettina-von-Arnim-Gymnasium Dormagen (Lyceum II Mikołów). Es gebe
regelmäßige Austausch und gegenseitige Besuche und die Mikołówer
Schüler/innen seien sehr stolz, Europabürger/innen zu sein. Ziel aller
Austauschaktivitäten sei, die Schüler/innen mit Freiheit und Demokratie
vertraut zu machen und ihnen beizubringen, offen für andere und anderes zu
sein.
Vor diesem
Hintergrund seien auch viele Vorhaben in den Mikołówer Schulen mit EU-Förderung realisiert worden, u.a. mit
dem Programm „moderne Schule“, das mit Finanzmitteln aus dem Europäischen Fonds
für Regionale Entwicklung die technische Ausstattung der Berufsschulen anteilig
finanziert habe und das Programm
„komplexe Sonderbildung“, das Schulen mit sonderpädagogischen Förderbedarf bei
der Ausstattung mit besonderen Lernmitteln finanziell unterstützt habe.
Vortrag zur Entstehung des Schulsystems in
Deutschland und in NRW und über die Schullandschaft im Rhein-Kreis Neuss
Herr Lonnes dankte Frau Nazar für Ihren
ausführlichen Vortrag und den fundierten Einblick, den die Mitglieder der
Bildungskommission des Rhein-Kreises Neuss in das polnische Schulsystem
erhalten hätten. Zu Beginn seines Vortrages gab er einen geschichtlichen Überblick über die historische Entwicklung des
Schulsystems in Deutschland, von der Einführung der allgemeinen
Schulpflicht 1707 in Preußen als große Errungenschaft für Grundlagenwissen in
den allgemeinbildenden fünf Fächern, die Einführung der Volksschulpflicht 1763,
die Einführung des Abiturs 1787 in Preußen, das zum Studium berechtigte, die
1794 eingeführte staatliche Aufsicht über alle schulischen Angelegenheiten und
die Einführung eines ersten verbindlichen Lehrplans für Gymnasien durch Wilhelm
von Humboldt 1837 in Preußen. Danach skizzierte Lonnes die weitere Entwicklung in der Weimarer Republik (z.B.
vierjährige Volksschulpflicht) und informierte dann über die Fortschritte nach
dem 2.Weltkrieg: so gab es ab den 60erJahren des 20. Jahrhunderts gemeinsame
Schulen für Mädchen und Jungen, es wurde in den 70er Jahren die
Gemeinschaftsschule eingeführt, um allen Schüler/innen die gleichen Chancen für
einen Bildungsaufstieg zu eröffnen. Anschließend erläuterte er die Entwicklung
in den letzten 20 Jahren, u.a. mit der Einführung der PISA-Studie im Jahr 2000,
mit der das Nachdenken über die Qualität des Schulunterrichts und das Thema
Inklusion begann; als Konsequenz wurde das System der Förderschulen entwickelt,
das in den letzten 10 bis 15 Jahren zur Einführung eines inklusiven
Schulsystems in Deutschland führte (auch in Erfüllung der
UN-Behindertenkonvention).
Der Rhein-Kreis Neuss habe 460.00
Einwohner/innen und 55.000 Schüler/innen in 124 Schulen, die sich in
unterschiedlicher Trägerschaft befinden. Die staatliche Schulaufsicht liege je
nach Schultyp beim Land NRW, einer der fünf Bezirksregierungen in NRW oder beim
jeweiligen Schulamt, die Schulaufsicht orientiere sich dabei nach den
Bildungsinhalten.
Schlusswort Kreis Mikołów und Film über
ausgewählte Schulen im Kreis Mikołów
Nach dem
Vortrag von Herrn Lonnes dankte die
Leiterin für Erziehung und Kultur des Kreises Mikołów, Frau Ivona Smorz,
die bereits als Mitglied der Bildungskommission des Kreises Mikołów im
Jahr 2018 beim Besuch im Rhein-Kreis Neuss mit dabei war, für den heutigen
Austausch und verwies auf die Bedeutung der Berufsschulen, die im Kreis Mikołów
auf 30 Berufe vorbereiten würden. Die Mitglieder der Bildungskommission des
Rhein-Kreises Neuss hätten in den kommenden beiden Tagen Gelegenheit, drei
Berufsschulen im Kreis Mikołów zu besuchen und sich selbst ein Bild zu
machen; sie freue sich auch persönlich auf den Austausch und brachte ihre
Bewunderung zum Ausdruck, dass sich die Wirtschaft in Deutschland an der
Ausstattung der (Berufs)Schulen beteilige, dies sei in Polen nicht der Fall.
Im Folgenden konnten die Mitglieder der beiden
Bildungskommissionen einen Film über (Berufs)Schulen im Kreis Mikołów und
deren Ausbildungsangebote verfolgen und sich ein Bild über die
vielfältigen Angebote an die Schüler/innen im Kreis Mikołów machen
einschließlich der Möglichkeit, Auslandspraktika in Schulen und Unternehmen in
anderen EU-Ländern zu absolvieren.
Beim anschließenden Abendessen im Hotel PIK in Mikołów dankte Frau Stein-Ulrich im Namen von Herrn
Landrat Petrauschke für die Gastfreundschaft und den heutigen Austausch
über die beiden Schulsysteme trotz der schwierigen Zeiten durch den Krieg in
der Ukraine. Nach den Vorträgen habe sie bereits einige Fragen und hoffe, dass
für deren Beantwortung Raum in den kommenden Tagen sei. Gleichzeitig bat sie
auch im Auftrag von Herrn Petrauschke um Auskunft, welche weitere Unterstützung
der Rhein-Kreis Neuss zur Bewältigung der Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge
in Polen geben könne (Anmerkung: Es
wurde Frau Stein-Ulrich zum Abschluss des fünftägigen Treffens eine Liste mit
benötigten Hilfeleistungen übergeben).
Besuch in der Förderschule Nr. 2 Maria
Grzegorzewska in Mikołów
Der nächste
Tag begann mit dem Besuch in der Förderschule Nr. 2 Maria Grzegorzewska in Mikołów,
wo die Delegation bereits von Redakteuren
von Radio Katowice erwartet wurde, Herr Lonnes und Frau Nazar gaben jeweils
ein kurzes Interview zu dem Besuch der Bildungskommission des Rhein-Kreises
Neuss im Kreis Mikołów und zum anstehenden Erfahrungsaustausch mit der
Bildungskommission des Kreises Mikołów während der geplanten Besuche in
der Förderschule und in drei Berufsschulen.
Der Direktor
der Förderschule, Tadeusz Sliwa, hieß die Mitglieder beider
Bildungskommissionen herzlich willkommen und verwies direkt auf das Motto der Schule, das von Maria
Grzegorzewska geprägt worden ist: „Es gibt keine Behinderten, es gibt einen
Menschen“, sie sei die Patronin der Förderschule und das Jahr 2022 sei in
Polen zu ihrem Jahr ausgerufen worden. Frau Grzegorzewska geboren 1887, sei
eine polnische Pädagogin gewesen, die
die Sonderpädagogik nach Polen gebracht habe, nach der es nicht um das Lernen
von Fakten gehe, sondern um die Entwicklung von praktischen Fähigkeiten. Zu
ihrem 100. Geburtstag wurde in Polen ein staatliches Zentrum für
Sonderpädagogik gegründet. Während einer von den Schüler/innen der
Haushaltswirtschaft vorbereiteten Kaffee- und Kuchenrunde erläuterte der
Direktor das Konzept der Förderschule Nr. 2, es seien 156 Schüler/innen mit
geistiger und körperlicher Behinderung von 6 bis 24 Jahre in der Schule und
würden in kleinen Klassen von 4-5 Schüler/innen von ein bis zwei Lehrkräften
betreut, die Schule habe jeweils ein eigenes Lehrprogramm abhängig vom Grad der
Lernbehinderung entwickelt. Ziel sei es, die Schüler/innen zur
Selbstständigkeit zu erziehen, und ihnen nach acht Jahren Schule und drei
Jahren Berufsschule eine Grundlage für ein eigenbestimmtes Leben zu geben. Zum
Abschluss dankte Frau Nazar für den
Besuch der Bildungskommission aus dem Rhein-Kreis Neuss und teilte mit, dass
Landrat Duzy ein neues Gebäude zugesagt habe, dies solle mit Unterstützung von
EU-Fördermitteln gebaut werden. Nach den Erläuterungen waren die Gäste aus dem
Kreis Mikołów eingeladen, an einer Bastel- und Singstunde, eigens für die
Bildungskommission vorbereitet, teilzunehmen. Danach folgte ein Rundgang der
Bildungskommission durch die verschiedenen Förderklassen und eine teilweise
Teilnahme am inklusiven Unterricht.
Herr Lonnes dankte dem Direktor und den
Lehrer/innen herzlich für den Empfang und die Vorführung der Kinder und zeigte
sich beeindruckt von der „tollen Gemeinschaft“ der Lehrer/innen mit ihren
Schüler/innen, die zu spüren gewesen sei. Auch im Rhein-Kreis Neuss gebe es
Förderschulen, in denen ein ähnlicher Unterricht stattfinden würde, doch seien
die Klassen mit 12 Schüler/innen viel größer. Dennoch könnte er sich eine
Partnerschaft zwischen der Förderschule Nr. 2 und einer Förderschule im
Rhein-Kreis Neuss vorstellen und wolle dies nach seiner Rückkehr gerne
vermitteln. Frau Stein-Ulrich
schloss sich dem herzlichen Dank an und zeigte sich beeindruckt von dem
Rundgang, man werde die Erkenntnisse mit in den Rhein-Kreis Neuss nehmen und
eine Partnerschaft mit einer Förderschule andenken.
Besuch im Technischen Schulkomplex (ZST) in Mikołów
Nach einer
Mittagspause folgte am Nachmittag ein Besuch im Technischen Schulkomplex (ZST)
in Mikołów. Dort wurde die Bildungskommission von der Schulleiterin, Elzbieta Jablonska, im Konferenzraum
empfangen und herzlich begrüßt, sie betonte ihre Freude über den kommenden
Austausch und kündigte einen Erfahrungsaustausch mit den Lehrer/innen über die
moderne Berufsausbildung in Polen an. Die Berufsausbildung in Schlesien gebe es
seit 1924 und die Mission sei, der nächsten Generation der Meister/innen eine
zuverlässige und qualitativ gute Ausbildung mitzugeben. Die Mission habe vier
Ziele bzw. Intentionen: Schätzung der Tradition, Vermittlung von fundiertem
Fachwissen und Fähigkeiten sowie Weltoffenheit und die Entwicklung von
moralischer Reife. Bei der Entwicklung der Ausbildungsinhalte der Schule werde
mit den Lehrer/innen, ehemaligen Schüler/innen, dem Arbeitsamt und den
ortsansässigen Unternehmen zusammengearbeitet, damit die Ausbildung auf die
aktuellen Arbeitsmarktbedürfnisse ausgerichtet werden könne. Die Schule sei mit
dem Konzept so erfolgreich, dass sie schon viele Preise und Auszeichnungen
erhalten habe, 50 Prozent der Schüler/innen würden die schriftliche Prüfung und
70 Prozent die mündliche Prüfung bestehen.
Es gebe in
der Schule zwei Arten der Ausbildung, entweder nur beim Arbeitgeber oder eine
Aufteilung der Ausbildung auf Arbeitgeber und Schule, im letzteren Fall arbeite
ihre Schule mit 56 Unternehmen zusammen, d.h. jeder Beruf habe ein sog.
Patronatsunternehmen, dadurch hätten Schule und Unternehmen gleichermaßen
Vorteile; als Beispiele nannte Frau Jablonska, die IT- und die Automobilbranche
(z.B. BMW). Natürlich würden die 93 Auszubildenden, die von 102 guten und
motivierten Lehrer/innen unterrichtet würden auch Praktika im europäischen
Ausland machen, die durch das Erasmus+-Programm finanziell unterstützt würden.
Danach waren
die Mitglieder der Bildungskommission eingeladen, einen „Bildungsspaziergang“
durch die Fachräume für modulares Lernen in fünf Berufen zu machen.
Herr Lonnes zeigte sich beeindruckt von dem
Umfang und der Qualität der Ausbildungsberufe in der Schule; gleichzeitig lud
er die Automechaniker für einen Besuch ins BBZ Grevenbroich ein, um sich dort
über die Produktion von E-Autos auszutauschen. Frau Dr. Neuhaus zeigte sich begeistert von der technischen
Ausstattung der Schule, vor allem von der Marketingabteilung; da das BBZ
Dormagen auch eine solche Abteilung einrichten wolle, könne sie jetzt wertvolle
Hinweise mit in die Planung miteinbeziehen.
Zum
Abschluss des Rundgangs dankte Frau Jablonska für den Besuch der Delegation aus
dem Rhein-Kreis Neuss und sprach die Hoffnung auf ein kommendes
Mobilitätsprojekt mit einer Berufsschule im Rhein-Kreis Neuss aus.
Frau Latas-Makuch, Leiterin der
Promotionsabteilung Kreis Mikołów, wies daraufhin, dass die ZST die leitende
Schule für EU-Projekte im Kreis Mikołów sei, die Schuldirektorin sei sehr
engagiert bei der Kooperation mit Schulen in anderen EU-Ländern und erfolgreich
bei der Beantragung von Fördergeldern aus
Erasmus+.
Die Schulleiterin bedankte sich abschließend für
den Besuch und verwies darauf, das insgesamt der Erfolg der Schule auf die
kreative und effektive Teamarbeit des Lehrkörpers, die vorhandenen
Fremdsprachenkenntnisse und die große Unterstützung durch die Unternehmen und
die Bürger/innen der Gemeinde zurückzuführen sei; nur dadurch seien auch die
Modernisierungen der Schule möglich gewesen. Sie hoffe, dass es im Rahmen der
800 Jahr-Feier der Stadt Mikołów im September 2022 zu einem Austausch von
Auszubildenden von ihrer Schule und Auszubildenden von einem BBZ des
Rhein-Kreises Neuss komme.
Der
interessante Tag schloss mit einem gemeinsamen
Abendessen in einem Restaurant in Mikołów, bei dem sich die Mitglieder
der beiden Bildungskommissionen noch weiter über die gewonnenen Erkenntnisse
austauschten. Landrat Duży
begrüßte die Gäste herzlich und bat um Verständnis, dass er nicht alle Tage die
Delegation begleiten könne, er sei aber gut vertreten durch die Mitglieder der
Bildungskommission und die Dezernenten des Kreises Mikołów. Im Hinblick
auf den beabsichtigten Besuch der Bildungskommission des Rhein-Kreises Neuss
der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau II zeigte sich Duży traurig und
entsetzt über den Krieg in der Ukraine, da man doch bisher daran geglaubt habe,
dass es nie wieder zu einem Krieg in Europa kommen werde. Daher halte er die
Partnerschaftsarbeit mit den Jugendlichen aus den beiden Kreisen für besonders
wichtig, diese jungen Menschen müssten sich für Frieden und Freiheit einsetzen.
Dann bedankte sich Duży für die bisher vom Rhein-Kreis Neuss geleistete
Unterstützung für den Kreis Mikołów bei der Versorgung der ukrainischen
Flüchtlinge, die direkt durch Lastwagen an die Frontlinie gefahren worden sei.
Er erläuterte, dass Polen zur Zeit eine schwierige Zeit durchmache, denn die
Inflationsrate sei mit 10 bis 15 Prozent sehr hoch und habe direkte
Auswirkungen auf die kommunale Ebene, für den Kreis Mikołów wirke sich die
hohe Inflation sehr beschädigend aus. Dennoch wünsche er heute Abend ein gutes
Zusammensein und setze auf die weitere fruchtbringende Partnerschaftsarbeit der
beiden Kreise.
Herr Lonnes dankte für die herzliche Aufnahme
und den Empfang mit starken Frauen an der Spitze in der Verwaltung des Kreises Mikołów
und in den Schulen. Der jetzige Besuch der Bildungskommission des Rhein-Kreises
Neuss sei besonders wichtig für die deutsch-polnische Freundschaft, denn der
Krieg in der Ukraine müsse mit festem Zusammenhalt von Deutschland, Polen und
der EU beantwortet werden. Dabei sei es ein besonderes Anliegen, die Jugendlichen
beider Kreise zusammenzubringen, um durch gegenseitiges Kennenlernen und die
Bearbeitung gemeinsamer Projekte ein freundschaftliches Miteinander in einem
freien und friedlichen Europa vorzubereiten.
Frau Stein-Ulrich schloss sich
dem Dank an und richtete herzliche Grüße von Herrn Petrauschke aus, auf seine
Bitte frage sie heute noch einmal nach, was der Kreis Mikołów an
Unterstützung für die Bewältigung der Ukraine-Krise in Polen benötige. Herr
Duży bedankte sich herzlich und teilte mit, dass Frau Locke eine Liste an
Hilfsgütern an den Rhein-Kreis Neuss senden werde.
Herr Schmitz als Vorsitzender des Schul-und
Bildungsausschusses des Rhein-Kreises Neuss bedankte sich ebenfalls sehr
herzlich für die freundliche Aufnahme und zeigte sich als ehemaliger Lehrer
beeindruckt von den bisherigen beiden Schulbesuchen; besonders der Besuch in
der Förderschule sei bewegend gewesen. Er hoffe, dass auch in Zukunft sich die
beiden Bildungskommissionen mit Schulexperten aus beiden Kreisen treffen
würden.
Besuch der Schule für Energie und Dienstleistungen
in Łaziska Górne und Abschluss der Kooperationsvereinbarung mit dem BBZ
Dormagen
Der folgende
Tag begann mit dem Besuch in der Schule für Energie und Dienstleistungen
(SFEUD) in Łaziska Górne und bildete den Höhepunkt des Aufenthaltes der
Bildungskommission aus dem Rhein-Kreis Neuss, denn direkt nach der herzlichen
Begrüßung durch die Schulleiterin, Anna
Jadasz, die ebenfalls Mitglied der Bildungskommission des Kreises Mikołów
war, die in 2018 zu Besuch im Rhein-Kreis Neuss weilte, wurde der von Frau Dr.
Neuhaus, Schulleiterin des BBZ Dormagen, und Frau Jadasz vorbereitete
Kooperationsvertrag unterzeichnet. Frau Jadasz erläuterte kurz, wie die
Kooperation entstanden war: Bei einem seinerzeitigem Besuch im Rhein-Kreis Neuss
hatte der frühere Landrat Jaroschek Landrat Petrauschke mitgeteilt, dass die
SFEUD) noch keine Partnerschaft mit einer Berufsschule hatte; die daraufhin von
Petrauschke zugesagte spontane Unterstützung führte zur Kontaktaufnahme mit dem
BBZ Dormagen und im Rahmen des Jubiläumsbesuches des Partnerschaftskomitees des
Rhein-Kreises Neuss im Kreis Mikołów 2019 kam zu einem ausführlichen und
informativen Besuch von Frau Dr. Neuhaus mit zwei Lehrer/innen und zwei
Schüler/innen aus dem Speditionsbereich an der SFEUD. Bei dem Jubiläumsbesuch
des Partnerschaftskomitees des Kreises Mikołów im Rhein-Kreis Neuss im
September 2021 war auch Frau Jadasz Mitglied und wurde von Frau Dr. Neuhaus zu
einem fachlichen Austausch in das BBZ Dormagen eingeladen; während eines Rundgangs
durch die Schule wurde Frau Jadasz von Lehrer/innen und Schülergruppen über die
dortigen Berufsausbildungsangebote informiert. Schon während der Zeit der
Corona-Pandemie und nach dem Besuch im Rhein-Kreis Neuss in 2021 vereinbarten
beide Schulleiter/innen eine zukünftige Zusammenarbeit ihrer beiden
Berufsschulen (Austausch von Lehrer/innen, Ausbildungsabschnitte von
Schüler/innen in der jeweils anderen Schule) und so war die Unterzeichnung des
Kooperationsvertrages der erfolgreiche Höhepunkt der vergangenen Kontakte; in
naher Zukunft soll es unter Beantragung u.a. von (EU-)Fördermitteln zu ersten
Austauschvorhaben im Bereich Logistik kommen, da dies ein Schwerpunkt der
Ausbildung an beiden Schulen ist.
Nach der
Unterzeichnung gab Frau Jadasz dann einen Überblick über die Größe der SFEUD:
es gebe zurzeit 400 Schüler/innen, 50 Lehrer/innen und 17 Fachabteilungen,
zusätzlich gebe es eine Klasse von 50 Schüler/innen, die für den Polizei-,
Feuerwehr und Militärdienst in Polen über 5 Jahre ausgebildet würden, der
erfolgreiche Abschluss der Ausbildung führe zu einer Anerkennung von
zusätzlichen Punkten bei der späteren Studienwahl. Die Schwerpunkte der
Ausbildungsgänge an ihrer Schule seien
Elektronik, Energie, Bergbau und Tourismus, die Berufsangebote folgten
den Bedürfnissen an Arbeitskräften in der umliegenden Industrie und bei den
Unternehmen; so habe die SFEUD eine Kooperation mit dem benachbarten
Kohlekraftwerk und dem Bergbauunternehmen sowie mit dem Unternehmen bekuplast,
das eine Filiale in Łaziska Górne unterhalte (Hauptsitz in Niedersachsen).
Im Anschluss
informierte Frau Dr. Neuhaus, dass
am BBZ Dormagen der Chemiebereich stark aufgestellt sei und daher geplant sei,
ein Zentrum für Chemie aufzubauen. Im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg habe das
BBZ Dormagen auch eine Flüchtlingsklasse eingerichtet; Frau Jadasz erinnerte
sich in diesem Zusammenhang an den seinerzeitigen Kontakt mit den
Flüchtlingsschüler/innen in 2019 im BBZ Dormagen und zeigte sich immer noch
bewegt von der Begegnung.
Herr Lonnes dankte herzlich für den Empfang
und die Vorstellung der vielfältigen Ausbildungsangebote der Schule und zeigte
sich erfreut über die erfolgreichen Kontakte und den Abschluss der
Kooperationsvereinbarung mit dem BBZ Dormagen; gleichzeitig sagte er finanzielle
Mittel seitens des Rhein-Kreises Neuss für die Realisierung der Partnerschaft
zwischen den beiden Schulen zu.
Zum
Abschluss des Besuches in der SFEUD lud Frau
Jadasz zu einem umfassenden und
beeindruckenden Rundgang durch einzelne Fachklassen ein und die Gäste aus
dem Rhein-Kreis Neuss zeigten sich begeistert über die von den Schüler/innen
vorbereiteten fachlichen Vorführungen, in besonderer Erinnerung wird der
Bildungskommission die Überreichung von Zwischenzeugnissen an die Schüler/innen
der Polizei-, Feuerwehr-und Militärausbildung und die anschließende Sportstunde
bleiben.
Besuch im Sekundarschulkomplex Ornontowice
Danach ging
es zum letzten Schulbesuch, zur Sekundarschule
Ornontowice, wo die Bildungskommission bereits von der Schulleiterin, Frau Stasik-Szyszka, erwartet und direkt zu einem
Rundgang durch die Schule und einzelne Fachklassen mitgenommen wurde. Während
des Rundgangs informierte Frau Stasik-Szyszka die Mitglieder der
Bildungskommission über die Grunddaten der Schule, diese bestehe aus einer
Fachoberschule und einer Berufsschule; es gebe drei Gebäude mit entsprechend
ausgestatteten Lehrwerkstätten (am meisten beeindruckt waren die Gäste von der
audiovisuellen Lehrwerkstatt) und in einem der Gebäude sei ein Internat für 28
Schüler/innen und 24 ukrainische Flüchtlinge untergebracht. Die Schule habe 460
Schüler/innen, 70 Lehrer/innen und bilde in 10 Berufen (Höhere
Berufsfachschule) bzw. in 11 Berufen (Berufsschule) aus, 90 Prozent der
Schüler/innen würden die Abschlussprüfung erfolgreich bestehen. Die Schule habe
sog. Patronatsverträge mit umliegenden Arbeitgebern z.B. dem Kohlebergwerk, der
Glashütte Orzesze, mit gastronomischen Betrieben, seit 2017 biete die Schule
Auslandspraktika in Schulen in anderen EU-Ländern mit anteiliger Finanzierung
durch das EU-Programm Erasmus+ an, u.a. seit 2005 mit dem BBZ
Neuss-Weingartstr. abwechselnd in Polen und in Deutschland.
Die Höhere Berufsfachschule (4-5 Jahre Ausbildung)
biete folgende Ausbildungsgänge an: Pferdezucht,
Hotelfachmann/-frau, Hauswirtschaft und Ernährung sowie Diätetik,
Tierarzthelfer/in, Gärtner/in, Landwirtschaftsarchitekt/in, Betriebswirtschaft
(Finanz- und Rechnungswesen) und Bauwesen.
Die Berufsschule (3 Jahre Ausbildung) biete
folgende Ausbildungsgänge an: Installateur/in, Bauwesen, Koch/Köchin,
Elektriker/in, Bergmann/-frau, Mechaniker/in und Operateur/in in der
Landwirtschaft.
Es gebe
Fachwerkstätten für die Bereiche Küche, Hotel und Kohlebergwerk, in der
Küchenwerkstatt wurden die Mitglieder der Bildungskommission zum Abschluss der
Besichtigung zu einem von den Auszubildenden selbst gemachten Mittagsimbiss und
Cocktails eingeladen.
Zum
Abschluss des Besuches bedankten sich
Herr Lonnes und Frau Stein-Ulrich für den interessanten Besuch und sagten
zu, die Informationen an die BBZs im Rhein-Kreis Neuss weiterzugeben, um evtl.
Kooperationen initiieren zu können.
Besichtigung der „Landeshauptstadt“ Schlesiens -
Katowice
Der Tag schloss mit
der Fahrt nach Katowice, der „Landeshauptstadt“ von Schlesien und einem
geführten Rundgang durch das Stadtzentrum, bei dem auf beeindruckende
Weise deutlich wurde, wie das frühere Zentrum des Steinkohleabbaus mit großer
Unterstützung von EU-Strukturfondsmitteln zu einer modernen Industrie- und
Kulturstadt in Schlesien umgestaltet wurde. Die Führung endete mit einem
Spaziergang durch die Bergarbeitersiedlung
„Nikoszowiec“, die durch die früheren Bergbaubetreiber Anfang des 20.
Jahrhunderts für die Kohlekumpels errichtet worden war, um lange Anfahrtswege
zu vermeiden und eine zivile Unterkunft bereitzustellen; die Siedlung wird noch
heute bewohnt und als besondere Wohnstätte gepflegt. In einem künstlerisch
ausgestalteten Restaurant trafen sich die Mitglieder der beiden
Bildungskommissionen danach zu einem typischen schlesischen Abendessen und
besprachen mögliche Kooperationen zwischen den beiden Kreisen; so war der
Leiter des Botanischen Gartens Mikołów, Dr. Pawel Koijs, anwesend um eine
mögliche Zusammenarbeit mit der Stiftung Schloss Dyck zu besprechen.
Am Samstag
folgte nach der Abfahrt aus Mikołów ein kurzer Besuch im Schloss Pless,
das seit
Mitte des 19. Jahrhunderts den Grafen von Hochberg und Pless, die es nach
französischem Vorbild im
neobarocken Stil umbauen ließen, gehörte.
Im Mittelpunkt des Nachmittags
stand dann der dreistündige Besuch und die geführte Besichtigung durch die
Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau II, die für alle Teilnehmer/innen sehr bewegend
war.
Danach fuhr die
Bildungskommission nach Krakau, um nach einer Stadtführung am Sonntag durch die
Altstadt und die Innenstadt der lebendigen Universitätsstadt die Heimreise
anzutreten.
Hinweis: Die Reise der Bildungskommission des Rhein-Kreises Neuss und der Austausch mit der Bildungskommission des Kreises Mikołów wurden durch das Deutsch-Polnische Jugendwerk (DPJW) finanziell gefördert.