Sachverhalt:
1.)
Inwiefern und in welchem Zeitraum bestanden Geschäftsbeziehungen zwischen dem
Rhein-Kreis Neuss, seinen Kommunen und der „Postcon“ respektive ihrer
Nachfolgerin „xendis“?
Im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit ist
auf Initiative des Rhein-Kreises Neuss eine Bietergemeinschaft gegründet
worden, um durch Skaleneffekte wirtschaftlich günstigere Postdienstleistungen
für die Mitglieder der Bietergemeinschaft zu erzielen. Die Federführung und
Arbeit liegt hauptsächlich bei der Gebäudewirtschaft des Rhein-Kreises Neuss,
die im Interesse der Bietergemeinschaft u.a. die Abstimmungen und die zentralen
europaweiten Ausschreibungen vornimmt.
Die Bietergemeinschaft partizipiert von den erzielten, günstigeren Konditionen
und hat folgende Mitglieder:
- Rhein-Kreis Neuss
- Kreis Viersen
- Jobcenter
Rhein-Kreis Neuss
- Stadt Neuss
- Stadt Dormagen
- Stadt Grevenbroich
- Stadt Kaarst
- Stadt
Korschenbroich
- Stadt Meerbusch
- Kreiswerke GmbH
- Polizeiverwaltung
Neuss
Der Rahmenvertrag für Postdienstleistungen muss
aufgrund des Vertragsvolumens regelmäßig vom Rhein-Kreis Neuss in einem europaweiten Vergabeverfahren
ausgeschrieben werden. Ziel der Vergabe von Postdienstleistungen von Kommunen
muss ein transparentes, wettbewerbliches und nicht diskriminierendes
Vergabeverfahren gemäß § 97 Abs. 1 und 2 GWB sein. Im Zeitraum 01.03.2007 bis
21.12.2022 gingen TNT bzw. die Nachfolgeunternehmen Postcon und Xendis
Versandlogistik GmbH als Gewinner der europaweiten Ausschreibungsverfahren
hervor.
2.) Zu
welchen Postdienstleistern bestehen derzeit Geschäftsbeziehungen seitens des
Kreises sowie der kreisangehörigen Kommunen?
Die Servicequalität von Postcon/Xendis war in der
Vergangenheit immer wieder Thema in der Bietergemeinschaft (sh. beispielhaft Anlage 1- Schreiben an
Bürgermeister Lierenfeld). So wurden mehrere Krisengespräche auf Ebene des
zuständigen Kreisdezernenten mit Vertretern der Firma sowie im Kreis der
Vertreter der Bietergemeinschaft im Kreishaus geführt.
Das Vorgehen wurde stets mit den Vertretern der
Bietergemeinschaft abgestimmt. Infolge dieser Abstimmungen hat der Rhein-Kreis
Neuss – auch mit Blick auf die zu
erwartende Leistungsfähigkeit von Xendis – u.a. den Postdienstleistungsvertrag
mit Schreiben vom 29.08.2022 bereits
ristgerecht zum 28.02.2023 gekündigt und der Postdienstleistungsvertrag zum
01.03.2023 europaweit neu ausgeschrieben.
Aufgrund des gescheiterten
Insolvenzeröffnungsverfahrens und der am 19.12.2022 telefonisch mit Wirkung zum
27.12.2022 äußerst kurzfristig angekündigten Einstellung des
Zustellungsbetriebes (letzter Abholtag 23.12.2022!) hat der Rhein-Kreis Neuss
nach umgehender Information an die
Bietergemeinschaft – ebenfalls am 19.12.2022 (sh. Anlage 2)- den Postdienstleistungsvertrag zum 21.12.2022 fristlos gekündigt. Das offizielle Schreiben von xendis bzgl. der
Einstellung des Zustellbetriebs erfolgte am 20.12.2022. Am gleichen Tag erfolgte wiederum die Information an die Mitglieder
der Bietergemeinschaft durch das Amt für Gebäudewirtschaft.
Die Bietergemeinschaft wurde in der Mail des Amtes
für Gebäudewirtschaft vom 19.12.2022
darauf hingewiesen, dass nach rechtlicher Prüfung der Rhein-Kreis Neuss auf
Grund der EU-Schwellenwertgrenze keine Gesamt-Interimslösung für die
Bietergemeinschaft erreichen kann, sondern jede Kommune einzelne Beauftragungen
für die Zeit 22.12.2022 bis 28.2.2023 durchführen muss.
Der Rhein-Kreis Neuss stand den Mitgliedern der
Bietergemeinschaft auch in beratender Funktion zur Verfügung. So wurde auch in
der Mail darauf hingewiesen, dass bei einer nach Auftraggeber getrennten
Vergabe, die Möglichkeit einer Verhandlungsvergabe ohne Teilnahmewettbewerb (Gem. § 12 Abs. 3 i.V.m. § 8 Abs. 4 Nr. 9
Unterschwellenvergabeordnung) besteht. Demnach kann eine Leistung aufgrund von
Umständen, die der Auftraggeber nicht voraussehen konnte, die besonders
dringlich ist und die Gründe für die besondere Dringlichkeit nicht dem
Verhalten des Auftraggebers zuzurechnen sind auch im Wege eines
Verhandlungsverfahrens ohne Teilnahmewettbewerb vergeben werden, wobei im
Verfahren auch nur ein Unternehmen zur Angabe eines Angebotes aufgefordert
werden darf. Von dieser rechtlichen Möglichkeit haben nach unserem
Kenntnisstand die Mitglieder der Bietergemeinschaft Gebrauch gemacht.
Im Rahmen dieser „Notfallbeauftragung“ hat das
Unternehmen Deutsche Post InHauseServices GmbH im Zeitraum vom 22.12.2022 bis
zum 28.02.2023 den Auftrag des Rhein-Kreises
Neuss erhalten, die Postversendung des Kreises vorübergehend
sicherzustellen.
3.) Inwiefern wurden Verträge für die
Postdienstleistungen, insbesondere der Wechsel des Vertragspartners, zwischen
dem Rhein-Kreis Neuss und den kreisangehörigen Kommunen koordiniert und
abgestimmt? Wenn nein, warum nicht?
Wie bereits unter Punkt 2
ausgeführt, wurden alle Schritte und Maßnahmen mit der Bietergemeinschaft
abgestimmt. Einzig Bürgermeister Lierenfeld/Stadt Dormagen hat in der
HVB-Konferenz des Landrates am 25.1.2023 Kritik am Vorgehen des Kreises
geäußert, wobei die rechtliche Auffassung des Kreises auch von der Stadt
geteilt wurde. Kreisdezernent Vieten hat in der HVB-Konferenz nach Schilderung
des zeitlichen Sachverhaltes die Kritik als vollkommen unberechtigt
zurückgewiesen.
Am 30.01.2023 wurde nach dem Ergebnis der europaweit durchgeführten
Ausschreibung des Amtes für Gebäudewirtschaft der neue Rahmenvertrag für
Postdienstleistungen mit Wirkung ab 01.03.2023 an das Unternehmen Deutsche Post
InHauseServices GmbH vergeben. An der Auftragsvergabe zum 01.03.2023
partizipieren alle Mitglieder der Bietergemeinschaft.
4.) Welche Implikationen haben sich durch die
Ereignisse im Geschäfts- und Wirtschaftsbetrieb der „Postcon“ bzw. der „xendis“
für den Rhein-Kreis Neuss und die kreisangehörigen Kommunen ergeben?
Der Wettbewerb im
Postdienstleistungssektor ist hart umkämpft. Nach Medienberichten stand
beispielsweise hier auch die Deutsche Post in den vergangenen Monaten wegen
unzuverlässigen Zustellungen öffentlich in der Kritik.
Neben den Mehraufwand für Beschwerdeschreiben, Abstimmungsrunden in der
Bietergemeinschaft, aufwendigen rechtlichen Prüfungen war der Großteil der
Bietergemeinschaft – auch der Kreis selbst – zeitweilig mit den Leistungen des
Vertragspartners Postcon/Xendis nicht zufrieden. Mit Eskalationsstufen über
Beschwerden, Leistungskürzung, Kündigungsandrohung und danach erfolgter
Kündigung wurde in Abstimmung mit der Bietergemeinschaft reagiert. Die
jeweilige Auftragsvergabe muss jedoch im Rahmen eines diskriminierungsfreien,
transparenten und rechtlich vorgegebenen Vergabeverfahrens erfolgen. Dadurch
lässt sich allerdings – auch für die Zukunft - nicht ausschließen, dass es
während der Vertragslaufzeit zu einer Schlechtleistung oder einer Insolvenz
kommt.
5.) Welche finanziellen Auswirkungen ergaben bzw.
ergeben sich aus den Verträgen mit der „Postcon“ bzw. „xendis“ sowie durch den
Wechsel?
Die erste Teilfrage ist für die
Verwaltung nicht verständlich. Solange der Vertrag bestand und die Leistungen
durch Xendis erbracht worden sind, besteht die Pflicht zur Leistungsbezahlung.
Um möglichen Regressansprüchen von Gläubigern im Regelinsolvenzverfahren ab
voraussichtlich 1.1.2023 vorzubeugen, wurde u.a. der Vertrag vorsorglich
fristlos zum 21.12.2022 gekündigt. Finanzielle Auswirkungen für die
Bietergemeinschaft aufgrund des Anbieterwechsels können aktuell nicht beziffert
werden. Wegen gestiegener Preise ist jedoch mit Mehrkosten auf Grund des
Ausschreibungsergebnisses zu rechnen.
6.) Welche
Rückmeldungen liegen seitens des Kreises bzw. der kreisangehörigen Kommunen zu
den Betriebsabläufen seit dem Wechsel vor? Werden die Sendungen/Zuschriften
derzeit „on time“ ausgeliefert respektive abgeholt?
Aus Sicht des Rhein-Kreises Neuss hat sich die
Zustellqualität seit der skizzierten „Notfall-Beauftragung“ der Deutsche Post
InHauseServices GmbH erheblich verbessert. Aussagen für die Bietergemeinschaft
sind aber erst nach dem 1.3.2023 möglich, da erst zu diesem Zeitpunkt alle
Beteiligten wieder unter dem Dach des gemeinsam unterschriebenen
Rahmenvertrages zusammenkommen.