Sachverhalt:
Der Rhein-Kreis Neuss hat die Umstellung der Erbringungsform der
Bildungs- und Teilhabeleistungen auf die Geldleistung an die
Leistungsberechtigten im Frühjahr 2022 umgesetzt.
Im Rahmen der Umstellung werden somit auch die Bedarfe für (Schul-)Ausflüge,
(Schul-) Fahrten, Mittagsverpflegung, Lernförderung und die soziokulturelle
Teilhabe als Geldleistung erbracht. Auf Wunsch der Leistungsberechtigten ist
jedoch eine Rückumstellung auf die Direktzahlung an die Anbietenden jederzeit
möglich.
Um den Erfolg der Umstellung zu beurteilen und ein flächendeckendes
Stimmungsbild zu bekommen, wurde sowohl bei den Leistungsanbietenden, als auch
bei den Leistungsbehörden eine Evaluation zur Erbringungsformumstellung
durchgeführt.
Evaluation Leistungsanbietende
Die Leistungsanbietenden hatten in der Zeit vom 17.01.2023 bis zum
28.02.2023 die Möglichkeit, über das Portal Beteiligungen.nrw.de an einer Online-Umfrage teilzunehmen. Hierzu
wurde ihnen der Teilnahmelink per E-Mail zugestellt.
Von ca. 900 Anbietenden, die im Anbieterverzeichnis des Rhein-Kreises
Neuss derzeit registriert sind, haben 107
Anbietende an der Umfrage teilgenommen, was einer Beteiligungsquote von ca.
12 % entspricht.
Die Leistungsanbietenden mussten 5 Fragen beantworten und hatten die
Möglichkeit, in einem Freitextfeld Lob, Kritik, Wünsche und Anregungen
anzugeben.
Konkret wurden nachfolgende Fragen gestellt:
- Wurden
aufgrund der Erbringungsformumstellung Abonnementverträge gekündigt?
(Ja/Nein)
- Ist es zu
Zahlungsrückständen gekommen, die nach zweimaliger Mahnung nicht ausgeglichen
wurden? (Ja/Nein) Wenn ja, in wie vielen Fällen? (Zahl)
- Wie würden
Sie den Ablauf der Umstellung aus Ihrer Sicht bewerten? (Skala von 1 „sehr
gut“ bis 6 „ungenügend“)
- Wie
bewerten Sie die Kommunikation mit unserer BuT-Koordinierungsstelle?
(Skala von 1 „sehr gut“ bis 6 „ungenügend“)
- Haben Sie
Lob, Kritik, Wünsche oder Anregungen? (Freies Textfeld)
Die Antworten wurden den Kategorien „sehr zufrieden“, „grundsätzlich
zufrieden“ und „nicht zufrieden“ zugeordnet.
Die Angaben des Freitextfeldes wurden inhaltlich ausgewertet, die
Antwort wurde mit einem Schlagwort versehen, welches den Tenor des Textes
widerspiegelt.
Die wichtigsten
Ergebnisse der Umfrage:
Zufriedenheit
23
Anbietende sind „sehr zufrieden“ mit der Umstellung, 25 „grundsätzlich
zufrieden“ und 53 Anbietende „nicht zufrieden“, bei 6 Anbietenden lässt sich
keine Aussage zur Zufriedenheit treffen.
Ist es zu
Zahlungsrückständen gekommen, die nach zweimaliger Mahnung nicht ausgeglichen wurden?
Die Fälle, in denen trotz zweimaliger Mahnung Zahlungsrückstände nicht
ausgeglichen wurden, wurden von der Clearing-Stelle bearbeitet und die
Zahlungslücke geschlossen. Die Ausfallfinanzierung greift nur für Zahlungsrückstände,
die bis zum 31.12.2022 entstanden sind bzw. die in 2022 begonnen haben und in
2023 andauern. Bisher wurden 64 Fälle durch die Clearing-Stelle bearbeitet und
ausgezahlt. Auch ein Jahr nach der Erbringungsformumstellung entstehen immer
noch Zahlungslücken aufgrund nicht gemeldeter Bedarfe oder noch nicht
ausgezahlter Leistungen der Behörde, ein Schließen der Zahlungslücke ist in
diesen Fällen regulär möglich.
Wie würden Sie den
Ablauf der Umstellung aus Ihrer Sicht bewerten?
Es wird ersichtlich, dass weniger als 30 % die Umstellung als gut oder
besser bewerten.
Generell ist zu beachten, dass sich die Zahlen lediglich auf die 107
Anbietenden beziehen, die an der Evaluation teilgenommen haben. Ein Großteil
der Leistungsanbietenden hat sich nicht an der Umfrage beteiligt.
Auswertung der
Schlagwörter:
24 Anbietende klagen über die fehlende
Kommunikation des Jobcenters und die erschwerte Kontaktaufnahme.
22 Anbietende geben Zahlungsproblematiken
an, wie z.B. fehlende oder verzögerte Zahlungen oder die Tatsache, dass die
Leistungsberechtigten in Vorkasse gehen mussten.
21 Anbietende berichten von einer Überforderung
der Leistungsberechtigten durch die selbstständige Antragstellung und die
erforderliche Weiterleitung der Gelder.
12 Anbietende geben die langen
Bearbeitungszeiten der Behörden als Ursache für Zahlungsausfälle an.
9 Anbietende berichten von uninformierten
Leistungsberechtigten. Zum einen liegt dies an bestehenden Sprachbarrieren,
zum anderen ist die Kontaktaufnahme mit dem Jobcenter aufgrund fehlender
Ansprechpartner erschwert.
Evaluation
Leistungsbehörden
Die Leistungsbehörden haben dem Rhein-Kreis Neuss in der Zeit vom
01.04.2022 bis zum 31.03.2023 quartalsweise mitgeteilt, wie viele
Leistungsberechtigte es grundsätzlich in ihrer Zuständigkeit gibt und in wie
vielen Fällen die Direktzahlung an den Anbietenden wiederaufgenommen wurde.
Zudem wurde bei der Wiederaufnahme zwischen Mittagsverpflegung, Lernförderung
und den anderen Leistungskomponenten differenziert.
Die folgende und letztmalige Auswertung bezieht sich auf das erste
Quartal 2023.
Die Evaluation der Leistungsbehörden hat ergeben, dass in 2 % der Fälle
die Direktzahlung an die Anbietenden wiederaufgenommen wurde. Der Großteil der
Rückumstellung auf die Direktzahlung an die Anbietenden erfolgt auf Wunsch der
Leistungsberechtigten, lediglich in den Fällen, in denen die Clearing-Stelle
tätig werden musste, erfolgte eine Umstellung von Amts wegen.
Fazit
Es wird deutlich, dass die Vielzahl der teilnehmenden Leistungsanbietenden
mit der Erbringungsformumstellung weiterhin tendenziell weniger zufrieden ist.
Zu den Gründen zählen neben der Zahlungsproblematik die fehlende Kenntnis über
den Leistungsbezug sowie der teilweise erhöhte Arbeitsmehraufwand. Aufgrund der
geringen Beteiligung lassen sich die Ergebnisse jedoch nicht auf die Gesamtheit
aller Anbietenden übertragen. Es ist aber gerade Ziel der Umstellung, dass die
Leistungsberechtigten den Leistungsbezug gegenüber den Leistungsanbietenden
nicht offenbaren müssen.
Positiv hervorzuheben ist, dass trotz der im Vorfeld wiederholt
geäußerten Sorge der zweckwidrigen Verwendung der Leistung nur eine geringe
Anzahl an Zahlungsausfällen zu vermerken ist. Die Ausfallquote liegt bei <
1 %, die große Mehrheit der Leistungsberechtigten leitet die Gelder
dementsprechend ordnungsgemäß weiter und geht vertrauenswürdig mit der neu
geschaffenen Möglichkeit der Selbstorganisation um.
In den meisten Fällen, in denen die Direktzahlung wiederaufgenommen
wurde, ist die Umstellung auf Wunsch der Leistungsberechtigten erfolgt.
Die Erbringungsformumstellung
kann somit als erfolgreich angesehen
werden, für eine Rückumstellung auf das alte System liegen keine sachlichen
Gründe vor.