Betreff
Sachstand Kommunales Integrationsmanagement (KIM)
Vorlage
50/3490/XVII/2023
Art
Bericht

Sachverhalt:

Auf die bisherige Berichterstattung im Ausschuss für Soziales und Wohnen des Rhein-Kreises Neuss wird Bezug genommen.

 

Die Landesregierung fördert gemäß § 9 des Teilhabe- und Integrationsgesetzes (TIntG) NRW seit 2020 die flächendeckende Einführung eines Kommunalen Integrationsmanagements (KIM) in allen Kreisen und kreisfreien Städten in Nordrhein-Westfalen. KIM ist damit vom Land als langfristiger Prozess gedacht und kein kurzfristig angelegtes Förderprogramm. Als aufwachsende Förderung soll das Kommunale Integrationsmanagement ein fester und dauerhafter Bestandteil der integrationspolitischen Förderlandschaft werden. Dabei sollen folgende Ziele umgesetzt werden:

 

Implementierung einer strategischen Ebene zur Steuerung (Baustein 1), einer operativen Ebene des individuellen KIM-Case Managements, KIM-CM, (Baustein 2), die Förderung der Einbürgerung zur rechtlichen Verstetigung der Integration ausländischer Menschen mit besonderen Integrationsleistungen (Baustein 3) und eine Weiterentwicklung der Ansätze in Bezug auf die kreisangehörigen Kommunen im Verhältnis zum Kreis.

 

Das Kommunale Integrationsmanagement soll eine bessere Integration der Geflüchteten und Zugewanderten ermöglichen, die bislang ohne Zugang zu einem Fallmanagement sind. Die Zusammenarbeit und Leistungserbringung in den Regelstrukturen sollen insbesondere an den Schnittstellen zwischen den Rechtskreisen mit eigenem Fallmanagement gestärkt werden und die ausländerrechtlichen, leistungsrechtlichen und integrationsrelevanten Akteure im Bereich Integration und Migration, Soziales und Bildung auf der Steuerungsebene koordinierend miteinander verbinden. KIM zielt hierbei vor allem auf die Optimierung von Strukturen und Verwaltungsprozessen im Integrationsverlauf.

 

Der Rhein-Kreis Neuss unterstützt das Land NRW bei der Einrichtung und Etablierung eines Kommunalen Integrationsmanagements (KIM). So hat der Rhein-Kreises Neuss am 22.12.2020 den Antrag auf „Gewährung einer Zuwendung für das Kommunale Integrationsmanagement“ (KIM) bei dem damalig zuständigen Ministerium (MKFFI) gestellt. Voraussetzungen für die Zuwendungen des Landes waren unter anderem die Einrichtung einer Lenkungsgruppe mit den maßgeblichen verwaltungsinternen und verwaltungsexternen Integrationsakteuren auf Leitungsebene zur Gewährleistung der strategischen Steuerung des KIM sowie die Erstellung eines individuellen Handlungskonzeptes für den Rhein-Kreis Neuss, welches darstellen soll, wie das KIM kreisweit umgesetzt werden soll.

 

Auf der Grundlage des erarbeiteten kreisweiten Handlungskonzeptes wurden bisher folgende Fortschritte erreicht:

 

Implementierung einer strategischen Ebene zur Steuerung, Baustein 1 (Koordination):

Für die Implementierung der strategischen Ebene zur Steuerung des KIM sind 3 von 3,5 Koordinationsstellen im KI Rhein-Kreis Neuss sowie eine Stelle Verwaltungsassistenz (0,5 VZÄ) besetzt. Eine 0,5 Stelle (VZÄ) Koordination soll voraussichtlich im kommenden Jahr noch ausgeschrieben werden.

Zwischenzeitlich haben die beiden Koordinatorinnen und der Koordinator im KI jeweils die zertifizierte KIM-Koordinatoren-Schulung abschließen können. 

Für die Städte Neuss und Dormagen, die über eine eigene Ausländerbehörde, ein eigenes Jugendamt und einen Integrationsrat bzw. Integrationsausschuss verfügen, war es möglich, jeweils eine eigene Koordinationsstelle zu beantragen. Von dieser Möglichkeit hat der Rhein-Kreis Neuss bei der Antragstellung für KIM Gebrauch gemacht. Zusätzlich zu den Koordinierungsstellen im KI erhalten die Stadt Neuss und die Stadt Dormagen per Weiterleitung Fördermittel für jeweils eine eigene Koordinierungsstelle. Beide Stellen wurden zwischenzeitlich besetzt.

Die Koordinierungsstellen des KI, der Stadt Neuss und der Stadt Dormagen bilden eine organisatorische Einheit. Zwischen der KI-Koordination, der Koordination in Dormagen und der Koordination in Neuss wurden regelmäßig stattfindende Austauschtreffen eingerichtet. Diese beinhalten insbesondere Absprachen zum Aufbau einer tragfähigen Organisationsstruktur für das KIM, zur Zusammenarbeit der Bausteine untereinander, zu der Konzeption und zum Aufbau einer kreisweit einheitlichen datenbasierten Grundlage für die Beratungsarbeit im KIM-Case Management sowie zur Entwicklung eines kreisweiten Konzeptes für das KIM-Case Management.

Mit der Antragstellung für den Baustein 1 - Koordination - im Januar 2023 hat der Rhein-Kreis Neuss im Rahmen der Ziel- und Schwerpunktsetzung Meilensteine für das Jahr 2023 definiert. Diese Meilensteine wurden inzwischen ganz bzw. teilweise erreicht oder befinden sich aktuell in der Bearbeitung.

 

Operative Ebene des individuellen Case Managements, Baustein 2 (Case-Management):

Das KIM-Case Management dient der Umsetzung eines Kommunalen Integrationsmanagements vor Ort. Integrationsmanagement auf individueller Ebene meint dabei eine entsprechend qualifizierte Einzelfallberatung, die rechtskreisübergreifend unter Berücksichtigung der individuellen Lebenslage und Bedarfe die Integration der zugewanderten Menschen befördert. In den Rechtsbereichen mit eigenem Fallmanagement wie SGB II, SGB III, SGB VIII findet eine Verweisberatung statt. Die Arbeit des KIM-Case Managements muss sich von anderen Programmen unterscheiden, um Doppelförderungen zu vermeiden. Hierbei sind die Schnittstellen der Rechtskreise und Programme (SGB II, SGB III, SGB VIII, SGB XII sowie JMD, MBE, Teilhabemanager) zu beachten.

 

Laut Zuwendungsbescheid für das Jahr 2023 stehen dem Rhein-Kreis Neuss 14 Personalstellen zur Implementierung und Durchführung eines rechtskreisübergreifenden individuellen KIM-Case-Managements in Form einer fachbezogenen Pauschale zu.

Alle KIM-Case-Management Stellen sind grundsätzlich beim KI angesiedelt. Zum Stand 30.09.2023 sind 8,5 der Stellen besetzt. Bis zur vollständigen Besetzung der Stellen veröffentlicht der Rhein-Kreis Neuss eine dauerhafte Ausschreibung und befindet sich fortlaufend in Vorstellungsgesprächen. Die Besetzung der CM-Stellen stellt insbesondere aufgrund des anhaltenden Mangels an Fachkräften im sozialen Bereich weiterhin eine große Herausforderung dar.

Vor diesem Hintergrund und aufgrund dort vorhandener CM-Strukturen aus dem Modellprojekt „Einwanderung gestalten“ werden zurzeit noch zwei weitere KIM-CM-Stellen vorübergehend, bis längstens Ende 2023, von der Stadt Dormagen für den Einsatz vor Ort gestellt. Dafür werden der Stadt Dormagen für die Durchführung des Bausteines 2 (KIM-Case Management) ausnahmsweise noch für das Jahr 2023 per Weiterleitungsbescheid Fördermittel des Landes für die Finanzierung von zwei KIM-Case Management-Stellen weitergeleitet.

Trotz des Fachkräftemangels hat die Einstellung von geeignetem Personal für das KI oberste Priorität. Daher nimmt die Einstellung der KIM-CM-Stellen entsprechend Zeit ein und erfolgt kontinuierlich. Die nächsten Auswahlgespräche zur Besetzung weiterer Stellen im KIM-Case Management finden im November statt.

Entsprechend der schrittweisen Einstellung des KIM-CM erfolgen auch die Einsatzplanung und die Umsetzung des KIM-Case Managements vor Ort in Abstimmung mit den Kommunen. Die Berechnung des Stellenanteils je kreisangehöriger Kommune erfolgt jährlich zum Stichtag 31.03. anhand von Daten aus dem Ausländerzentralregister. Die Kommunen wurden entsprechend über ihren KIM-Case Management Stellenanteil für 2023 informiert. Im Rahmen der Umsetzung des KIM-CM vor Ort wird in Absprache mit den Kommunen auch die Einbindung/Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren, insbesondere der Migrationsberatung für Erwachsene, den Jugendmigrationsdiensten und den Verbänden der Freien Wohlfahrtspflege, abgestimmt.

Das KIM-Case Management konnte inzwischen vor Ort in folgenden kreisangehörigen Kommunen implementiert werden: Dormagen, Grevenbroich, Jüchen, Kaarst, Korschenbroich, Meerbusch und Neuss. Grundlage der Zusammenarbeit mit den kreisangehörigen Kommunen im Baustein 2 ist ein Kooperationsvertrag, der inzwischen von sechs Kommunen unterzeichnet wurde.

Alle Case-Managerinnen und Case-Manager nehmen an der vom Land NRW vorgesehenen Schulung teil bzw. haben diese bereits absolviert.

 

Förderung der Einbürgerung, Baustein 3 (Personalstellen in den Ausländer/- Einwanderungsbehörden)

Sowohl die Stadt Neuss als auch die Stadt Dormagen konnten ihre Personalstellen in den Ausländer- und Einwanderungsbehörden inzwischen besetzen. Die entsprechenden Stellen beim Rhein-Kreis Neuss sind nahezu vollständig besetzt. Erste gemeinsame Sitzungen mit dem KIM-Personal aus den Ausländer- und Einbürgerungsbehörden haben stattgefunden. Zum Aufbau eines KIM-Prozesses zwischen Koordination, KIM-CM und ABH Rhein-Kreis Neuss steht die KIM-Koordination des Rhein-Kreises Neuss im regelmäßigen Austausch mit der Ausländerbehörde des Rhein-Kreises Neuss. Die Einbürgerungsbehörden im Rhein-Kreis Neuss sind in das KIM eingebunden und informiert.

Chancenaufenthaltsrecht § 104 c

Am 31.Dezember 2022 trat das „Gesetz zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts“ der Bundesregierung in Kraft. Das Bundesministerium des Innern und für Heimat hat dazu Anwendungshinweise veröffentlicht, die durch verbindliche NRW-spezifische Hinweise des MKJFGFI NRW ergänzt wurden. Für die Umsetzung des Chancen-Aufenthaltsrechts soll zusätzlich das Beratungsangebot des Case Managements im Rahmen des KIM genutzt werden.
Die KIM-Strukturen unterstützen daher die Ausländerbehörden im Rhein-Kreis Neuss bei der Umsetzung des Chancenaufenthaltsrecht § 104 c. Das KIM-CM unterstützt insbesondere in der Phase ab Erteilung der Aufenthaltserlaubnis, die Voraussetzungen für den Übergang in ein Aufenthaltsrecht zu erfüllen. Die Zuführung der Personen für § 104c erfolgt in individueller Abstimmung mit jeder Kommune. Ein Prozess zur Zusammenarbeit wird von der KIM-Koordination des KI mit der Ausländerbehörde Rhein-Kreis Neuss erarbeitet.

 

Lenkungsgruppe KIM

Die Lenkungsgruppe KIM als kommunenübergreifendes Entscheidungsgremium mit Verantwortung für die strategische Steuerung des KIM im Rhein-Kreis Neuss, tagt im Jahr 2023 zweimal. Die Lenkungsgruppe hat in diesem Jahr eine Geschäftsordnung erarbeitet und beschlossen. Schwerpunkte der Ende November 2023 stattfindenden zweiten Sitzung der Lenkungsgruppe sind der Entwurf eines kreisweiten Konzeptes für das KIM-Case Management und Fallrekonstruktionen.

Kreisweites Konzept für das KIM-Case Management

Das verbindliche Konzept für das KIM-CM wird die, auf gemeinsamen, kreisweiten Standards beruhende, interkommunale und rechtskreisübergreifende Fallarbeit beschreiben. Da es sich beim KIM-Case Management um ein ergänzendes und nachrangiges Angebot handelt, stellt das Konzept u. a. die Abgrenzung von und die Abstimmung mit anderen Akteuren der Regelstrukturen (insbesondere der freien Wohlfahrtspflege) mit eigenem Fallmanagement dar.

Fallrekonstruktionen

Fallrekonstruktionen liefern das Material bzw. den Ausgangspunkt für die weiteren Planungen zum Aufbau bzw. zur Optimierung eines Produktionsnetzwerkes. Auf der Basis einer Anzahl von typischen Fällen (Falldarstellungen) werden fallübergreifende Themen benannt und generative Themen identifiziert, die das Leben und die Lebensverhältnisse der zugewanderten Menschen bestimmen. Die Fallrekonstruktion dient (noch) nicht der Lösung von Einzelfällen, sondern zielt auf die Identifikation von Strukturen, die immer wieder (negative) Fallverläufe prägen, ab. Identifizierte generative Themen werden von der Koordination aufbereitet und in die Lenkungsgruppe getragen, die über die weiteren Schritte entscheidet, um mit den am Netzwerk beteiligten Akteuren ein gemeinsames Zielsystem zu erarbeiten.