Betreff
Anfrage der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Unterstützung und Anerkennung von pflegenden Angehörigen
Vorlage
50/3513/XVII/2023
Art
Anfrage

Sachverhalt:

Die Verwaltung beantwortet die Anfrage der Kreistagsfraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wie folgt:

 

1. Wie viele Menschen pflegen, nach Schätzung der Verwaltung, ihre Angehörigen im Rhein- Kreis Neuss und welchen Stellenwert hat dieser Einsatz im Gesamtkomplex Pflege?

 

Die häusliche und informelle Pflege macht im Kreisgebiet den größten Teil der pflegerischen Versorgung aus. Das Institut ALP hat im Rahmen der Erstellung der Örtlichen Planung auf Grundlage der aktuellen Pflegestatistik von IT.NRW (Stand 31.12.2021) ermittelt, dass die Inanspruchnahme von Pflegegeld seit Inkrafttreten der Pflegestärkungsgesetze deutlich angestiegen ist.

 

Das Pflegegeld erhalten alle Pflegebedürftigen ab einem Pflegegrad 2, die zuhause unentgeltlich von Angehörigen, Freunden oder Ehrenamtlichen gepflegt werden. Die Zahlen stützen die Einschätzung der Kreistagsfraktionen, dass pflegende Angehörige mit ihrer Arbeit einen großen Beitrag zu unserem Gemeinwohl leisten.

 

Pflegeleistung

2015

2019

2021

Pflegegeld

61%

68,4% (15.432)

71,5% (18.549)

Ambulant

19%

15,1% (3.384)

14,0% (3.765)

stationär

19%

16,4% (3.696)

14,5% (3.606)

(Quellen: ALP Institut, IT.NRW)

 

2. Welche Angebote der Unterstützung und welche Anerkennungsformate gibt es für pflegende Angehörige?

 

Es gibt die Angebote zur Unterstützung im Alltag gemäß der Verordnung über die Anerkennung von Angeboten zur Unterstützung im Alltag und Förderung der Weiterentwicklung der Versorgungsstruktur in Nordrhein-Westfalen (Anerkennungs- und Förderungsverordnung – AnFöVO).

 

Unterstützungsangebote im Alltag sind

 

  • Betreuungsangebote für Pflegebedürftige entsprechend ihrem individuellen Betreuungsbedarf. Im Vordergrund stehen insbesondere die Anleitung, Anregung, Begleitung und Unterstützung bei Beschäftigungen und Aktivitäten. Betreuungsangebote können erbracht werden als Betreuungsgruppe oder als Einzelbetreuung.

 

  • Angebote zur Entlastung von pflegenden Angehörigen und vergleichbar nahestehenden Pflegepersonen in ihrer Eigenschaft als Pflegende.
    Sie sind darauf ausgerichtet, Unterstützung zu bieten, die Anforderungen des Pflegealltags und der übernommenen Pflegeverantwortung besser zu bewältigen oder besser mit ihnen umgehen zu können. Sie sind eine begleitende Hilfe zur Selbsthilfe und beinhalten sowohl beratende als auch unterstützende Tätigkeiten sowie orientierende Hilfe bei der Inanspruchnahme von anderen Hilfeangeboten.

 

  • Angebote zur Entlastung im Alltag, die sich an Pflegebedürftige richten und der Unterstützung dienen bei der Bewältigung von allgemeinen oder pflegebedingten Anforderungen des Alltags oder im Haushalt (insbesondere bei der Haushaltsführung) oder bei der eigenverantwortlichen Organisation individuell benötigter Hilfeleistungen.

 

  • Angebote zur Entlastung von pflegebedürftigen Personen durch Hilfen bei der Haushaltsführung (hauswirtschaftliche Unterstützung).
    Sie sind darauf ausgerichtet, der Versorgung der pflegebedürftigen Personen mit zum täglichen Leben erforderlichen hauswirtschaftlichen Leistungen zu dienen. Darüberhinausgehende haushaltsnahe Dienstleistungen ohne konkreten Bezug zur täglichen Versorgung (beispielsweise Instandhaltung von Gebäuden und Außenanlagen, Handwerkerleistungen) zählen nicht zu den Angeboten im Sinne dieser Verordnung.

 

  • Angebote zur Entlastung von pflegebedürftigen Personen durch individuelle Hilfen im Alltag. Sie sind darauf ausgerichtet, vorhandene Ressourcen und Fähigkeiten der pflegebedürftigen Person zu stärken oder zu stabilisieren. Sie dienen dazu, sie zu unterstützen und zu befähigen, die Anforderungen des Alltags zu bewältigen sowie gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Hierzu zählen insbesondere Kommunikation, Wahrnehmung sozialer Kontakte, Freizeitaktivitäten und Behördenangelegenheiten sowie die Organisation individuell benötigter Hilfen.

 

Wie der folgenden Übersicht entnommen werden kann, ist auch hier eine stetige Zunahme, speziell der Einzelbetreuungsangebote, erfolgt:

 

 

Einzelbetreuung

Betreuungsgruppen

Datentransport vom RP zum 14.08.2018/Abgabe an den RKN

45

9

31.12.2018

53

9

31.12.2019

74

11

31.12.2020

90

12

31.12.2021

106

13

01.11.2023

115

14

(Quelle: RKN)

 

Basisschulungen für pflegende Angehörige werden über die Pflegekassen angeboten. Qualifizierungskurse gemäß der AnFöVO werden unter anderem beim TZG sowie bei weiteren Institutionen angeboten.

 

Außerdem bietet der Rhein-Kreis Neuss im Rahmen eines vom Land NRW geförderten Projekts das Kontaktbüro Pflegeselbsthilfe an.

Das Kontaktbüro unterstützt bei allen Fragestellungen, die sich aus den Aufgaben als pflegender Angehöriger ergeben.

 

Das Kontaktbüro Pflegeselbsthilfe ist Ansprechpartner für pflegende Angehörige und Pflegeselbsthilfegruppen, vernetzt die bestehenden Strukturen für pflegende Angehörige und bietet Beratung sowohl vor Ort als auch digital über das virtuelle Bürgerbüro an. Des Weiteren ergänzt es durch verschiedene Maßnahmen die bereits bestehenden Angebote, erfasst die Bedürfnisse von Pflegebedürftigen und pflegenden Angehörigen und gewinnt zur Entlastung pflegender Angehöriger ehrenamtliche Paten.

 

Zudem informieren das Pflegeberatungsbüro des Rhein-Kreises Neuss sowie die Seniorenberatungsstellen der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege über Hilfen im Alter.

 

Nach dem Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen (APG NRW) sind Pflegebedürftige, von Pflegebedürftigkeit Bedrohte und ihre Angehörigen trägerunabhängig zu beraten und über die erforderlichen ambulanten, teilstationären, vollstationären und komplementären Hilfen zu informieren. Das Pflegeberatungsbüro gibt einen Überblick über die vielfältigen Angebote im Rhein-Kreis Neuss und hilft den Bürgerinnen und Bürgern bei der Suche nach geeigneten Einrichtungen und Maßnahmen.

 

Neben dieser trägerunabhängigen Beratung im Rahmen des APG NRW verfügen die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege auch über eigene Seniorenberatungsstellen.

 

 

3. Wo sieht die Kreisverwaltung weiteren Handlungsbedarf im Bereich der Anerkennung dieser Arbeit und bei den Angeboten zur Entlastung der Pflegenden im Alltag?

 

Mit Blick auf die stark steigende Zahl der Pflegegeldempfänger ist in der näheren Zukunft vor allem wichtig, den potentiell anspruchsberechtigten Personenkreis über das bestehende Angebot dieser wertvollen Unterstützungs- und Entlastungsleistungen zu informieren und gleichzeitig die Angebotsstrukturen auszubauen.

 

Die Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit war bereits Bestandteil der Örtlichen Planung 2021 und wird auch Bestandteil der derzeit in Arbeit befindlichen Örtlichen Planung werden.