Sachverhalt:
Die Verwaltung beantwortet die Anfrage der Kreistagsfraktionen von SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wie folgt:
1. Wie viele Menschen pflegen, nach Schätzung der
Verwaltung, ihre Angehörigen im Rhein- Kreis Neuss und welchen Stellenwert hat dieser
Einsatz im Gesamtkomplex Pflege?
Die häusliche und informelle Pflege macht im Kreisgebiet den größten Teil
der pflegerischen Versorgung aus. Das Institut ALP hat im Rahmen der Erstellung
der Örtlichen Planung auf Grundlage der aktuellen Pflegestatistik von IT.NRW
(Stand 31.12.2021) ermittelt, dass die Inanspruchnahme von Pflegegeld seit
Inkrafttreten der Pflegestärkungsgesetze deutlich angestiegen ist.
Das Pflegegeld erhalten alle Pflegebedürftigen ab einem Pflegegrad 2, die
zuhause unentgeltlich von Angehörigen, Freunden oder Ehrenamtlichen gepflegt
werden. Die Zahlen stützen die Einschätzung der Kreistagsfraktionen, dass
pflegende Angehörige mit ihrer Arbeit einen großen Beitrag zu unserem
Gemeinwohl leisten.
Pflegeleistung |
2015 |
2019 |
2021 |
Pflegegeld |
61% |
68,4% (15.432) |
71,5% (18.549) |
Ambulant |
19% |
15,1% (3.384) |
14,0% (3.765) |
stationär |
19% |
16,4% (3.696) |
14,5% (3.606) |
(Quellen: ALP Institut, IT.NRW)
2. Welche Angebote der Unterstützung und welche
Anerkennungsformate gibt es für pflegende Angehörige?
Es gibt die Angebote zur Unterstützung im Alltag gemäß der Verordnung
über die Anerkennung von Angeboten zur Unterstützung im Alltag und Förderung
der Weiterentwicklung der Versorgungsstruktur in Nordrhein-Westfalen
(Anerkennungs- und Förderungsverordnung – AnFöVO).
Unterstützungsangebote
im Alltag sind
- Betreuungsangebote für Pflegebedürftige entsprechend ihrem
individuellen Betreuungsbedarf. Im Vordergrund stehen insbesondere die
Anleitung, Anregung, Begleitung und Unterstützung bei Beschäftigungen und
Aktivitäten. Betreuungsangebote können erbracht werden als
Betreuungsgruppe oder als Einzelbetreuung.
- Angebote zur Entlastung von pflegenden
Angehörigen und vergleichbar nahestehenden Pflegepersonen in ihrer Eigenschaft als Pflegende.
Sie sind darauf ausgerichtet, Unterstützung zu bieten, die Anforderungen des Pflegealltags und der übernommenen Pflegeverantwortung besser zu bewältigen oder besser mit ihnen umgehen zu können. Sie sind eine begleitende Hilfe zur Selbsthilfe und beinhalten sowohl beratende als auch unterstützende Tätigkeiten sowie orientierende Hilfe bei der Inanspruchnahme von anderen Hilfeangeboten.
- Angebote zur Entlastung im Alltag, die
sich an Pflegebedürftige richten und der Unterstützung dienen bei der
Bewältigung von allgemeinen oder pflegebedingten Anforderungen des Alltags
oder im Haushalt (insbesondere bei der Haushaltsführung) oder bei der
eigenverantwortlichen Organisation individuell benötigter Hilfeleistungen.
- Angebote zur Entlastung von
pflegebedürftigen Personen durch Hilfen bei der
Haushaltsführung (hauswirtschaftliche Unterstützung).
Sie sind darauf ausgerichtet, der Versorgung der pflegebedürftigen Personen mit zum täglichen Leben erforderlichen hauswirtschaftlichen Leistungen zu dienen. Darüberhinausgehende haushaltsnahe Dienstleistungen ohne konkreten Bezug zur täglichen Versorgung (beispielsweise Instandhaltung von Gebäuden und Außenanlagen, Handwerkerleistungen) zählen nicht zu den Angeboten im Sinne dieser Verordnung.
- Angebote zur Entlastung von pflegebedürftigen
Personen durch individuelle Hilfen im Alltag. Sie sind darauf
ausgerichtet, vorhandene Ressourcen und Fähigkeiten der pflegebedürftigen
Person zu stärken oder zu stabilisieren. Sie dienen dazu, sie zu
unterstützen und zu befähigen, die Anforderungen des Alltags zu bewältigen
sowie gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Hierzu zählen
insbesondere Kommunikation, Wahrnehmung sozialer Kontakte,
Freizeitaktivitäten und Behördenangelegenheiten sowie die Organisation
individuell benötigter Hilfen.
Wie der
folgenden Übersicht entnommen werden kann, ist auch hier eine stetige Zunahme,
speziell der Einzelbetreuungsangebote, erfolgt:
|
Einzelbetreuung |
Betreuungsgruppen |
Datentransport
vom RP zum 14.08.2018/Abgabe an den RKN |
45 |
9 |
31.12.2018 |
53 |
9 |
31.12.2019 |
74 |
11 |
31.12.2020 |
90 |
12 |
31.12.2021 |
106 |
13 |
01.11.2023 |
115 |
14 |
(Quelle: RKN)
Basisschulungen für pflegende Angehörige werden über die Pflegekassen
angeboten. Qualifizierungskurse gemäß der AnFöVO werden unter anderem beim TZG
sowie bei weiteren Institutionen angeboten.
Außerdem bietet der Rhein-Kreis Neuss im Rahmen eines vom Land NRW
geförderten Projekts das Kontaktbüro Pflegeselbsthilfe an.
Das Kontaktbüro unterstützt bei allen Fragestellungen, die sich aus den
Aufgaben als pflegender Angehöriger ergeben.
Das Kontaktbüro Pflegeselbsthilfe ist Ansprechpartner für pflegende
Angehörige und Pflegeselbsthilfegruppen, vernetzt die bestehenden Strukturen
für pflegende Angehörige und bietet Beratung sowohl vor Ort als auch digital
über das virtuelle Bürgerbüro an. Des Weiteren ergänzt es durch verschiedene
Maßnahmen die bereits bestehenden Angebote, erfasst die Bedürfnisse von
Pflegebedürftigen und pflegenden Angehörigen und gewinnt zur Entlastung
pflegender Angehöriger ehrenamtliche Paten.
Zudem informieren das Pflegeberatungsbüro des Rhein-Kreises Neuss sowie
die Seniorenberatungsstellen der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege über
Hilfen im Alter.
Nach dem Alten- und Pflegegesetz Nordrhein-Westfalen (APG NRW) sind
Pflegebedürftige, von Pflegebedürftigkeit Bedrohte und ihre Angehörigen
trägerunabhängig zu beraten und über die erforderlichen ambulanten,
teilstationären, vollstationären und komplementären Hilfen zu informieren. Das
Pflegeberatungsbüro gibt einen Überblick über die vielfältigen Angebote im
Rhein-Kreis Neuss und hilft den Bürgerinnen und Bürgern bei der Suche nach
geeigneten Einrichtungen und Maßnahmen.
Neben dieser trägerunabhängigen Beratung im Rahmen des APG NRW verfügen
die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege auch über eigene
Seniorenberatungsstellen.
3. Wo sieht die Kreisverwaltung weiteren
Handlungsbedarf im Bereich der Anerkennung dieser Arbeit und bei den Angeboten
zur Entlastung der Pflegenden im Alltag?
Mit Blick auf
die stark steigende Zahl der Pflegegeldempfänger ist in der näheren Zukunft vor
allem wichtig, den potentiell anspruchsberechtigten Personenkreis über das
bestehende Angebot dieser wertvollen Unterstützungs- und Entlastungsleistungen
zu informieren und gleichzeitig die Angebotsstrukturen auszubauen.
Die
Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit war bereits Bestandteil der Örtlichen
Planung 2021 und wird auch Bestandteil der derzeit in Arbeit befindlichen
Örtlichen Planung werden.