Betreff
Antrag der Fraktionen von CDU, FDP und UWG/Freie Wähler-Zentrum zur Unterzeichnung der „Charta für Vereinbarkeit von Beruf und Pflege in NRW“
Vorlage
50/3543/XVII/2023
Art
Antrag

Beschlussempfehlung:

Aufgrund der dargestellten Vorteile wird vorgeschlagen, dass der Rhein-Kreis Neuss dem Antrag der Kreistagsfraktionen von CDU, FDP und UWG/Freie Wähler-Zentrum zustimmt, die Charta unterzeichnet und dem Landesprogramm „Vereinbarkeit Beruf und Pflege“ beitritt.

 


Sachverhalt:

Hintergrund

Das Landesprogramm „Vereinbarkeit Beruf & Pflege“ unterstützt Unternehmen dabei, die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege für die Beschäftigten mit Pflegeverantwortung zu verbessern und gleichzeitig deren weitere Tätigkeit im Unternehmen als Fachkräfte zu sichern.

 

Pflegende Angehörige reduzieren ihre Arbeitszeit durchschnittlich um 5-10 Wochenstunden oder hören ganz auf zu arbeiten. Dies führt dazu, dass weniger Personal vorhanden ist. Außerdem fällt bei pflegenden Angehörigen der Verdienst teilweise weg, was zu Unzufriedenheit und Demotivation am Arbeitsplatz führen kann. Das Personal könnte demnach bei individueller und angemessener Unterstützung durch den Arbeitgeber/Dienstherrn gefestigt werden, da weniger Mitarbeitende kündigen oder Stunden reduzieren würden, wenn eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Pflege gewährleistet werden kann.

 

Das Landesprogramm vernetzt Unternehmen zudem mit der Pflegeinfrastruktur vor Ort. Jedes interessierte Unternehmen kann dieser Charta beitreten

 

Charta zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege in NRW

Unternehmen, die bereits Angebote für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf haben oder sich gemeinsam mit den Mitarbeitenden auf den Weg machen möchten, können die Charta zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege des Landes NRW unterzeichnen. Angesprochen sind dabei nicht nur Unternehmen, die schon Maßnahmen in diesem Bereich anbieten, sondern explizit auch alle, für die die Unterzeichnung eine öffentlichkeitswirksame Absichtserklärung ist, die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege für ihre Beschäftigten zukünftig verbessern zu wollen. Neben Unternehmen der Privatwirtschaft ist eine Unterzeichnung der Charta auch für Organisationen der öffentlichen Verwaltung möglich.  

 

Mit Blick auf die öffentliche Verwaltung ist zu beachten, dass keine Behörde „bei Null“ anfängt, was die Realisierung von Maßnahmen zur Unterstützung pflegender Angehöriger angeht. So hat der Rhein-Kreis Neuss bereits in der Vergangenheit flexible Arbeitszeiten eingeführt. Demnach können hier bestehende Regelungen weiterentwickelt oder zusätzlich zu den bestehenden Dienstvereinbarungen neue Regelungen gestaltet werden. Ein Grundkonzept ist also bereits vorhanden.

 

Vorteile der Charta/Nutzen für den Rhein-Kreis Neuss:

  • Öffentlichkeitswirksame Absichtserklärung zur Entwicklung einer pflegefreundlichen Verwaltungsorganisation è Steigerung der Attraktivität des Arbeitgebers
  • Sichtbarkeit des Engagements innerhalb und außerhalb der Verwaltung, unter anderem durch ein Logo für Homepage, Kommunikation und Fachkräftesuche
  • Zugang zum digitalen Infoportal des Landesprogramms mit Informationen zur Vereinbarkeit, Möglichkeiten zum Austausch und zum Vernetzen è Sicherheit im Umgang mit dem Thema „Pflege und Beruf“
  • Vertrauensaufbau gegenüber den Mitarbeitenden
  • Steigerung der Transparenz in diesem Themenfeld

 

Qualifizierung von Pflege-Guides

Mitarbeitende, die interessiert sind, die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf in ihrem Unternehmen voranzutreiben, können über das Landesprogramm eine Ausbildung zum betrieblichen Pflege-Guide absolvieren. Für die Qualifizierung betrieblicher Pflege-Guides nehmen die Kandidatinnen und Kandidaten zunächst an einer Online-Einstiegsveranstaltung im Zeitrahmen von zwei Stunden teil. Darauf folgen zwei ganztägige Veranstaltungen in Präsenz. Nach drei bis vier Monaten findet ein Online-Treffen statt, um sich nochmals auszutauschen.

 

Die Pflege-Guides informieren und sensibilisieren anschließend innerhalb der Mitarbeiterschaft zum Thema und unterstützen Kolleginnen und Kollegen, die Angehörige pflegen oder sich auf eine Pflege vorbereiten möchten. Als Vertrauensperson geben sie erste Orientierung und leiten Informationen über externe Hilfs- und regionale Beratungsnetze weiter. Sie informieren zudem über die Vereinbarkeitsangebote innerhalb des Unternehmens und die gesetzlichen Regelungen.

 

Über das digitale Portal des Landesprogramms erhalten Pflege-Guides zudem Informationsmaterial auf Basis des im Münsterland entwickelten „Pflegekoffers“ mit Ansprechpersonen und Möglichkeiten in der Region, Kursangebote sowie Artikel und Beiträge aus Wissenschaft und Forschung.

 

Kosten

Die Teilnahme am Landessprogramm und die Qualifizierung zum Pflege-Guide durch die AOK ist kostenfrei. Den zeitlichen Aufwand für die Teilnahme investieren die Unternehmen. Es handelt sich in der Regel um zwei Qualifizierungskurs-Tage.

 

Praxisbeispiele der Teilnahme am Landesprogramm in der Kommunalverwaltung


Stadt Gelsenkirchen
Ein ausgebildeter Pflege-Guide, angesiedelt im Bereich der Gleichstellung.

Perspektivisch soll pro Vorstandsbereich/Dezernat ein Pflege-Guide ausgebildet werden.

 

Stadt Drolshagen
Ein ausgebildeter Pflege-Guide, angesiedelt im Bereich der Personalwirtschaft.

 

Die Aufgabe der Pflege-Guides wird in den beiden Referenzkommunen als Zusatzaufgabe zum eigentlichen Sachgebiet wahrgenommen. Kalkuliert werden kann mit einem wöchentlichen Arbeitsvolumen von 5-10 Arbeitsstunden pro Pflege-Guide, also max. 0,2 VZÄ pro Pflege-Guide.

 

Aufgaben der Pflege-Guides:

  • Qualifizierung zum betrieblichen Pflege-Guide (einmalige Schulung)
  • Teilnahme an Netzwerktreffen zum Austausch
  • Aufbau einer Informationssammlung (Beispielsweise über das Pflegezeitgesetz)
  • Ggf. Prüfung neuer Regelungen bezüglich bestehender Dienstvereinbarungen/Überprüfung bestehender Regelungen
  • Kommunikation innerhalb des Rhein-Kreises Neuss (Beispielsweise über Publikationen im Intranet oder über Informationsveranstaltungen)
  • Beratungsangebote für betroffene Mitarbeitende (Zeitaufwand individuell, je nach Nachfrage)

 

Pflegende Angehörige in der Verwaltung des Rhein-Kreises Neuss

Beim Rhein-Kreis Neuss gibt es derzeit keine konkreten Zahlen darüber, wie viele Mitarbeitende Angehörige pflegen und betreuen. Dennoch gibt es immer wieder Anträge auf kurzfristige Freistellungen nach dem Pflegezeitgesetz. Anderweitige Bedürfnisse seitens der Mitarbeitenden sind nicht bekannt. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass den Beschäftigten Informationen zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege fehlen und diese zu wenig kommuniziert werden.