Betreff
"Grundsicherungsrelevanter Mietspiegel" - Auswirkung der Einführung und Sachstand der Fortschreibung
Vorlage
50/1830/XV/2012
Art
Bericht

Beschlussvorschlag:

Der Sozial- und Gesundheitsausschuss nimmt den Bericht zur Kenntnis.


Sachverhalt:

1. Auswirkungen der Einführung

 

Dem Sozial- und Gesundheitsausschuss ist nach Einführung des grundsicherungsrelevanten Mietspiegels zum 01.08.2011 halbjährlich ein Bericht zu den Auswirkungen vorzulegen.

 

Hierzu wurde ein Berichtswesen erarbeitet, zu welchem durch das Jobcenter und die Städte und Gemeinden seit dem 01.01.2012 monatlich die Daten vorgelegt werden. Bei den Fragestellungen wurden soweit möglich die im Ausschuss vorgeschlagenen Parameter berücksichtigt.

 

Die nachfolgenden Parameter wurden abgefragt:

 

  • Kostensenkungsverfahren nicht eingeleitet wegen Unwirtschaftlichkeit
  • Kostensenkungsverfahren auf Grund einer Härtefallprüfung nicht eingeleitet (Unmöglichkeit / Unzumutbarkeit)
  • Anzahl der eingeleiteten Kostensenkungsverfahren (ohne Verlängerung der Übergangsfrist)
  • Anzahl der Rücknahmen (z.B. wegen Fehlerhaftigkeit von Kostensenkungsverfahren)
  • Anzahl tatsächlicher leistungsrechtlicher Kostensenkungen (mit Bescheid)
  • Anzahl Widersprüche gegen Versagungen von Anmietungszustimmungen oder gegen Kostensenkungen
  • Anzahl der Klageverfahren gegen Versagungen von Anmietungszustimmungen oder gegen Kostensenkung
  • durch Kostensenkungsaufforderungen oder Kostensenkungen veranlasste Umzüge

 

Bei der Datenerhebung ist folgendes zu beachten:

Es werden zum 15. eines Monats die Datensätze des vorangegangenen Kalendermonats gemeldet (beispielhaft also zum 15.08.2012 die Werte des Monats Juli). Die als Anlage beigefügte Tabelle enthält somit die kumulierten Werte vom 01.01.2012 bis 31.03.2012.

 

Die Datenerhebung erfolgt händisch durch die einzelnen Leistungssachbearbeiter. Eine Auswertung aus den Anwenderprogrammen (AKDN bzw. A2LL) ist nicht möglich.

 

Bei der Datenerhebung wird nicht unterschieden zwischen Neufällen und den Fällen, in welchen bereits ein Leistungsbezug vor der Einführung des grundsicherungsrelevanten Mietspiegels zum 01.08.2011 gegeben war.

 

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die von einigen befürchtete Umzugswelle nicht eingetreten ist. Die Zahlen belegen zudem, dass im Rahmen der vorgenommenen Einzelfallprüfungen die in der Richtlinie vorgesehenen Ausnahmetatbestände gegriffen haben. In 553 Fällen ist bislang eine Kostensenkung wegen Unwirtschaftlichkeit oder einer Härte nicht gefordert worden.

 

Die Zahl der letztlich vorgenommenen Kostensenkungsverfahren, Widersprüche und Umzüge liegt insgesamt und im Verhältnis zu allen Bedarfs- und Einsatzgemeinschaften in einem angemessenen Verhältnis. Allerdings ist die Tendenz, dass mehr Leistungsberechtigte angemessenen Wohnraum suchen werden, gegeben.

 

Über die weitere Entwicklung wird der Ausschuss in der Sitzung am 22.11.2012 informiert.

 

 

2. Sachstand der Fortschreibung

 

Bereits bei der Entwicklung des grundsicherungsrelevanten Mietspiegels wurde darauf hingewiesen, dass die erhobenen Werte regelmäßig überprüft und angepasst werden.

 

Für die Überprüfung der Werte ist weder ein Zeitrahmen noch eine Methodik gesetzlich vorgegeben. Lediglich in § 22c Abs. 2 SGB II, der auch für das SGB XII gilt, wird geregelt, dass durch eine Satzung bestimmte Unterkunftskostenwerte mindestens alle zwei Jahre überprüft und gegebenenfalls neu festzusetzen sind. Eine Satzungsermächtigung liegt in NRW nicht vor.

 

Qualifizierte Mietspiegel müssen jedoch nach 2 Jahren der Marktentwicklung angepasst werden. Angelehnt an diese Vorgabe wurde auch für den grundsicherungsrelevanten Mietspiegel eine Überprüfung nach 2 Jahren anvisiert.

 

Die Basiswerte für den Grundsicherungsrelevanten Mietspiegel wurden bereits zum 01.03.2010 erhoben. Durch den Entwicklungsprozess wurde der grundsicherungsrelevante Mietspiegel jedoch erst zum 01.08.2011 mit der neuen Richtlinie „Kosten der Unterkunft“ in Kraft gesetzt. Letztlich sind die Basiswerte nun jedoch bereits älter als 2 Jahre und sollen fortgeschrieben werden.

 

Die Fortschreibung kann analog zu den qualifizierten Mietspiegeln nach 2 Jahren durch eine Indexfortschreibung nach dem „Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland“, nach weiteren 2 Jahren durch eine Neuerhebung erfolgen.

 

Der Rhein-Kreis Neuss hat sich für eine Neuerhebung der Basiswerte entschieden.

Während bis auf die Stadt Neuss bei den anderen Städten und Gemeinden im Rhein-Kreis Neuss mit den neuen Mietobergrenzen keine auffälligen Umsetzungsschwierigkeiten bekannt sind, wurde aus dem Bereich der Stadt Neuss (Stadtverwaltung und Wohnungsbauverbände) darauf hingewiesen, dass zu den Mietobergrenzen kaum entsprechender Wohnraum anzumieten sei. Worauf diese besondere Situation in Neuss zurückzuführen ist, nachdem für die Stadt Neuss im Rahmen des Entwicklungsprozesses des grundsicherungsrelevanten Mietspiegels ein eigenes Cluster gebildet wurde, ist nicht nachvollziehbar. Möglicherweise haben sich in Neuss die Werte anders fortentwickelt als im restlichen Kreisgebiet. Hierüber wird eine Neuerhebung Klarheit bringen.

 

Zwischenzeitlich bieten mehrere Firmen die Entwicklung und Fortschreibung eines grundsicherungsrelevanten Mietspiegels an. Bei diesen Unternehmen werden derzeit die Konzepte und Preise abgefragt. Eine Ausschreibung ist nicht erforderlich.

 

Das Verfahren (das „schlüssige Konzept“) zur Erstellung eines Grundsicherungsrelevanten Mietspiegels muss verschieden Bestandteile enthalten, welche im Rahmen der BSG- Rechtsprechung manifestiert wurden.

Dabei ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße zu bestimmen. Alsdann ist der maßgebliche örtliche Vergleichsraum festzulegen. Im nächsten Schritt ist unter Berücksichtigung des angemessenen einfachen Wohnungsstandards festzustellen, welche Nettokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Vergleichsraumes zu zahlen ist, um die nach der Produkttheorie angemessene Nettokaltmiete zu ermitteln. Zu der Nettokaltmiete sind noch die kalten Betriebskosten hinzuzurechnen (vgl. BSG, Urteil vom 13.04.2011, B 14 AS 106/10 R).

Zu Grunde zu legen ist dabei ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard; die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010, B 14 AS 2/10 R).

Bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen wird auch zu berücksichtigen sein, dass für die Datenerhebung nicht nur die Daten von tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen in Betracht kommen, sondern auch von bereits vermieteten (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2011, B 14 AS 91/10 R). Nach diesem Urteil ist eine Konzeption, die nur auf Angebotsmieten abstellt (so Fa. Empirica), nicht schlüssig.

Die Einhaltung von datenschutzrechtlichen Bestimmungen ist hierbei zwingend; dies nicht nur bei der Erstellung eines schlüssigen Konzeptes, sondern auch für evtl. aufkommende und in der Einzelfallbetrachtung zu erwartende Rechtsstreitigkeiten.

Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass  das Bundessozialgericht in einem Urteil am 16.05.2012 entschieden hat, dass für alleinstehende  Leistungsberechtige in NRW künftig 50 qm Wohnfläche (entsprechend den Wohnraumnutzungsbestimmungen des Landes NRW)  zugrunde zu legen sind (- B 4 AS 109/11 R).

 

In der Sitzung wird über das Ergebnis der Preisabfrage und die weiteren Schritte berichtet.