Beschlussempfehlung:
Der Sportausschuss stimmt der Durchführung von Unterstützungsmaßnahmen im Bereich der Dualen Karriereplanung für junge Leistungssportler zu. Hierfür sollen im Haushaltsjahr 2013 7.500,- € bereit gestellt werden.
Sachverhalt:
Im August 2011
wurde der Rhein-Kreis Neuss als NRW Leistungssportzentrum anerkannt. Damit
wurde die langjährige zielgerichtete Arbeit bestätigt, aber gleichzeitig die
Meßlatte für die zukünftige Spitzensportförderung sehr hoch gelegt. Mit der
Bewerbung und Anerkennung verbunden ist die Selbstverpflichtung, den
Spitzensport und damit Sportlerinnen und Sportler zu fördern und weiter zu
entwickeln.
Der Leistungs- und Hochleistungssport stellt auf nationaler- und auf
internationaler Ebene hohe Anforderungen an die Athletinnen und Athleten. Ohne
konsequentes Training, eine langfristig ausgerichtete sportliche
Karriereplanung sowie optimale sport- und umfeldbezogene Rahmenbedingungen sind
Spitzenleistungen im Sport in der heutigen Zeit nur schwer zu verwirklichen.
Die Rahmenbedingungen jenseits der sportspezifischen Bedingungen erschweren die
Wirkungsmöglichkeiten sportlicher Fördersysteme:
Aufgrund der demographischen Entwicklung (sinkende Kinderzahlen), immer mehr
konkurrierender Freizeitangebote, steigender schulischer Zeitanforderungen
durch die 12-jährige gymnasiale Schulzeit und die Ganztagsschule, des
Wettbewerbs der Sportarten um die Talente und des immer früheren Ausstiegs aus
dem Sportverein gibt es insgesamt weniger Jugendliche im Leistungssport.
Im Schulsport wurde das Segment „Wettkampf- und Leistungssport“ immer weiter in
den Hintergrund gedrängt und ist insgesamt unterrepräsentiert.
Gegenüber anderen Spitzensportnationen bestehen im internationalen
Systemvergleich deutliche Rückstände in einer insgesamt vergleichsweise gering
ausgeprägten Kultur der Leistung als Wert und der Leistungseliten im Sport- und
Bildungssystem und in unserer Gesellschaft insgesamt.
Seit den Olympischen Spielen in London wird viel über die Sportlerförderung in
Deutschland diskutiert und über die Summen, die in Form von Prämien oder
anderen Förderleistungen den Athleten zu Gute kommen.
In dieser engagiert geführten Debatte wird auch ganz deutlich, was (olympische)
Sportler antreibt: Es ist nicht die Aussicht auf Geld, auf Prämien, vielmehr
sind es der Idealismus, die Liebe zum Sport und der Spaß an der Sache.
Die Athletinnen und Athleten übernehmen ganz allein für sich das Risiko, das
sich mit einer Leistungssportkarriere verbindet, aber sie lassen ganz viele
teilhaben an ihren Erfolgen. Daher haben sie auch Anspruch darauf, dass die
Gesellschaft ihr Bestes gibt, sie zu fördern und ihnen neben der sportlichen
auch eine langfristige, berufliche Perspektive zu ermöglichen. Geschenkt
bekommen wollen die Sportler dabei nichts, schon gar keine guten Noten oder
bestandene Klausuren. Das würde ihrem Leistungsanspruch und –willen
widersprechen. Aber sie wollen eine faire Chance, also nicht auch noch deshalb
in Schule oder Ausbildung benachteiligt werden, weil sie Leistungssportler mit knappem
Zeitbudget sind.
Der Rhein-Kreis Neuss hat viele Maßnahmen und Projekte entwickelt und
durchgeführt, um neben der sportspezifischen Förderung auch optimale
Rahmenbedingungen für den Leistungssport im Rhein-Kreis Neuss zu schaffen
(Stiftung Sport, Teilinternat, Vollinternat etc.).
Im Bereich der Dualen Karriereplanung gibt es jedoch noch einen weiteren
Förderbedarf:
Nur ein ganz geringer Prozentsatz der Spitzensportlerinnen und Spitzensportler
kann dauerhaft von der sportlichen Karriere leben. Nur wenige sind – wie etwa
Profifußballer – in der Lage, mit ihrer sportlichen Karriere eine
wirtschaftliche Absicherung für ihr ganzes Leben zu erreichen. Deswegen, aber
auch unabhängig von dieser ökonomischen Notwendigkeit, wollen Sportlerinnen und
Sportler nach dem Ende ihrer sportlichen Karriere in einem anderen Beruf Fuß
fassen können – auch wenn sie dem Sport oft als Trainer oder Funktionär
verbunden bleiben. Das geht in der Regel nicht ohne eine berufliche Ausbildung
oder ein Studium parallel zu der leistungssportlichen Karriere.
Sportler müssen also eine Duale Karriere aufbauen.
Dass das nicht einfach ist, liegt angesichts der hohen Trainingsbelastung und
der vielen nationalen und internationalen Meisterschaften und Verpflichtungen
auf der Hand.
Diese Thematik wurde auch im Arbeitskreis Leistungssport erörtert und
Handlungsbedarf über die bestehenden Förderungsmaßnahmen hinaus festgestellt.
Ein dringendes Problem besteht an der Schnittstelle zwischen Schule und
Studien- oder Berufswahl. Hier werden wichtige Entscheidungen nicht nur für die
individuelle Zukunft des Sportlers getroffen, sondern eine nicht optimale
Entscheidung hat fundamentalen Einfluss auf die weitere sportliche Karriere.
Es gibt verschiedene Anbieter, die entsprechende Workshops zur Berufsfindung
anbieten.
Hierbei werden intensiv die Fähigkeiten, Potenziale und Berufsvorstellungen
jedes Einzelnen erarbeitet. Im Vordergrund stehen die Interessen, aus denen
sich die entsprechenden Fähigkeiten ableiten lassen.
Anschließend liegt der Schwerpunkt auf der praktischen Berufsfindung.
Es geht es darum, das Berufsfeld zu finden, das zu den Stärken und Wünschen
passt.
Somit kann individuell eine eigene Handlungsstrategie entwickelt werden
Die Kosten für derartige Gruppenworkshops liegen beispielsweise bei der
Einstieg GmbH, einem Kooperationspartner des Olympiastützpunktes Rheinland, bei
190.- € pro Person für ein fünfstündiges Seminar bei 4- 6 Teilnehmer.
Ein solches Beratungsseminar soll den rund 100 Bundeskadern im Rhein-Kreis
Neuss angeboten werden. Wir rechnen damit, dass im ersten Jahr etwa 25 Athleten
dieses Angebot annehmen werden (= 4.750,- €).
Als weitere wichtige unterstützende Maßnahme kommt Nachhilfeunterricht in
Frage. Junge Leistungssportler haben in der Schule häufig das Problem, dass
durch Lehrgänge und Wettkämpfe Unterricht ausfällt. Die zunehmende
Unterrichtsverdichtung (G8 bzw. gebundener Ganztag) verschärft noch diese
Schwierigkeiten.
Die Deutsche Sporthilfe gewährt den von ihr geförderten Sportlern
Nachhilfeunterricht für maximal 10 Stunden im Monat. Die Förderung erfolgt nur
nach Wahl eines qualifizierten Nachhilfelehrers und auf Grund der bescheinigten
Notwendigkeit durch den Fachlehrer/Stufenleiter.
Auf Grund dieser vorhandenen Förderung sollte eine regionale Unterstützung nur
greifen, sofern die Sporthilfe diese Maßnahmen nicht fördert, d.h. für Landeskader,
die in den Projektmaßnahmen der Stiftung Sport in einer der 13
festgelegten Schwerpunktsportarten
aktiv sind und eine Perspektive haben, in die nationale Spitze aufzusteigen.
Der jeweilige Projektleiter/Trainer muss den Leistungsstatus bestätigen
(Mindestalter 13 Jahre). Gerade an der Schnittstelle des Übergangs von Landes-
in den Bundeskader gibt es eine relativ hohe Dropout-Quote, die durch eine
entsprechende schulische Unterstützung minimiert werden kann. Wir gehen davon
aus, dass im ersten Jahr rund 150 Nachhilfestunden gefördert werden
(Höchstgrenze 20,- € pro Stunde).