Beschlussvorschlag:
Der Finanzausschuss stimmt zu, dass der Rhein-Kreis Neuss § 2 Abs. 3 UStG in der am 31.12.2015 geltenden Fassung für sämtliche nach dem 31. Dezember 2016 und vor dem 1. Januar 2021 ausgeführten Leistungen weiterhin anwendet. Der Landrat wird gebeten, eine entsprechende Optionserklärung gegenüber dem zuständigen Finanzamt abzugeben.
Sachverhalt:
Durch das Steueränderungsgesetz
2015 wurde ein neuer § 2b UStG in das Umsatzsteuergesetz eingeführt.
Hintergrund für die neue Regelung ist die Anpassung nationaler steuerlicher
Regelungen an europarechtliche Vorgaben, in deren Folge die
umsatzsteuerrechtliche Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des
öffentlichen Rechts ab dem 01.01.2016 grundsätzlich neu geregelt ist. Der
bislang maßgebliche Grundsatz der Besteuerung juristischer Personen des
öffentlichen Rechts in Gestalt der Betriebe gewerblicher Art wird einem
grundsätzlichen Systemwechsel unterzogen. Dies hat erhebliche Auswirkungen für
die Umsatzbesteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts
insgesamt, weil die bisherige Besteuerungspraxis zur Vermögensverwaltung, zu
Beistandsleistungen und der zur Anwendung der für Betriebe gewerblicher Art
maßgeblichen Umsatzgrenze (35.000 €) bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung der
Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht
mehr anzuwenden ist. Diese sind nunmehr steuerpflichtig, soweit sie nicht
Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen es
sei denn, eine Behandlung als Nichtunternehmer führt zu größeren
Wettbewerbsverzerrungen. Dies wird grundsätzlich angenommen, wenn aus
gleichartigen Tätigkeiten Umsätze von mindestens 17.500 € erzielt werden.
Wie sich aus der
beigefügten Anlage (Gesetzestext § 2b UStG) ergibt, beinhaltet der neue
Gesetzestext eine Vielzahl von unbestimmten Rechtsbegriffen, deren Auslegung
zurzeit unklar ist. Ein hierzu angekündigtes erläuterndes Schreiben des
Bundesfinanzministeriums wird möglicherweise in diesem Jahr nicht mehr
veröffentlicht.
Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass durch
den umsatzsteuerlichen Systemwechsel erhebliche Änderungsanforderungen auf die
öffentliche Hand zukommen. So sind beispielsweise alle privatrechtlichen
Vertragsverhältnisse unter umsatzsteuerlichen Aspekten zu bewerten und auf
etwaige neue Umsatzsteuerpflichten bzw. Vorsteuerabzugsmöglichkeiten zu
untersuchen. Dies gilt auch für einen Änderungsbedarf bei der Finanzsoftware und
anderen Softwareverfahren (Vorverfahren, Kassenautomaten, etc.).
Zwar tritt die neue Regelung der Umsatzbesteuerung
zum 01.01.2016 in Kraft. Wegen der dargestellten umfangreichen
Anpassungsarbeiten hat der Gesetzgeber die Möglichkeit einer fünfjährigen
Übergangszeit vorgesehen, deren Inanspruchnahme einer sogenannten
Optionserklärung durch die juristische Person des öffentlichen Rechts bedarf.
Gem. § 27 Abs. 22 UStG ist diese Erklärung bis zum 31.12.2016 abzugeben. Es
handelt sich um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist. Sie kann nur mit
Wirkung von Beginn eines auf die Abgabe der Erklärung folgenden Kalenderjahres
widerrufen werden.
In Anbetracht der in weiten Teilen noch
nicht absehbaren Auswirkungen des neuen § 2b UStG beabsichtigt die Kreisverwaltung
von der Optionsmöglichkeit gem. § 27 Abs. 22 UStG Gebrauch zu machen. Neben den
in großem Umfang noch erforderlichen Vorbereitungsarbeiten für die Umstellung
auf das neue Umsatzsteuerrecht ist in diesem Zusammenhang vor allen Dingen
anzuführen, dass das zur Erläuterung der neuen Rechtslage angekündigte
Schreiben des Bundesfinanzministeriums nach derzeitigem Kenntnisstand nicht
mehr in diesem Jahr veröffentlicht werden wird und schon aus diesem Grund eine
tragfähige Umstellung auf das neue Recht nicht angeraten ist.